Wie spreche ich mit Andersdenkenden?
Fünf Tipps um Dialog zu schaffen, wo Dialog unmöglich scheint.
Zunehmende Spaltung zeichnet unsere Gesellschaft aus. Vor allem in der aktuellen Situation scheint sich diese immer häufiger zu offenbaren: kontroversielle Corona-Maßnahmen, Diskussionen zur Impfung, etc. Auf einmal scheinen Menschen, die man für Ähnlich-Denkende hielt, ganz andere Sichtweisen zu vertreten als man selbst. Aber anstatt Streit und Unverständnis die Überhand zu lassen, können wir alle dazu beitragen, wieder mehr Zusammenhalt zu schaffen.
Um in alltäglichen Situationen trotz Verschiedenheiten den Dialog mit Andersdenkenden zu ermöglichen, können diese Tipps hilfreich sein:
#1 Unvoreingenommenheit praktizieren
Der erste Schritt, um trotz gegensätzlicher Meinungen eine gute Beziehung aufrecht zu erhalten, ist, eine offene Einstellung zu praktizieren. Wenn ich weiß, dass jemand anders denkt als ich, besteht die Gefahr, der Person mit Vorurteilen gegenüberzutreten.
#2 In die Rolle des Gegenübers schlüpfen
Um die Meinung seines Gegenübers zu verstehen, ist es wichtig zu versuchen, mal in dessen Rolle zu schlüpfen. Möglicherweise befindet sich die Person in einer anderen Lebenssituation als wir, ist (um situationsnah zu bleiben) vielleicht anders von bestimmten Corona-Maßnahmen betroffen.
Außerdem kann es hilfreich sein zu verstehen, dass wir uns heutzutage unsere Meinungen bilden durch den Content, den wir konsumieren. Spätestens nach dem Hype um die Netflix-Doku „The Social Dilemma“ sind wir uns sicherlich alle bewusst, dass die Spaltung der Gesellschaft durch Algorithmen usw. quasi vorprogrammiert ist. Vielleicht entspricht die Online-Realität meines Gegenübers einfach nicht der meinen, vielleicht bekommt mein Gegenüber andere Informationen aus anderen Quellen, die seine oder ihre Realität beeinflussen und die Meinungsbildung prägen. Ein Verständnis für die Sichtweise der anderen zu haben oder zumindest der Versuch, ein Verständnis zu entwickeln ist unumgänglich, um dieser Spaltung entgegenzuwirken.
#3 Den eigenen Standpunkt erklären
Genauso wichtig wie das Verständnis für die fremde Sichtweise ist das Verständnis der eigenen Meinung für sein Gegenüber zu erleichtern. Ebenso wenig wie wir die Perspektive des anderen oder der anderen nachvollziehen können, ohne dessen Situation und Gründe zu kennen, können wir dies auch nicht von anderen erwarten.
Um also verstanden zu werden, müssen wir uns öffnen und unsere Meinung kommunizieren und erklären, ohne sie unserem Gegenüber aufzudrücken.
#4 Nähe suchen statt Vermeiden
Wir alle tendieren dazu, uns mit Menschen zu umgeben die unsere Weltanschauung teilen und in Gesprächen unsere Meinung bestätigen. Wir wollen Recht haben.
Um aber unseren Horizont zu erweitern, um einen Fortschritt zu ermöglichen, ist es notwendig, aus dieser Komfortzone herauszutreten. Das gilt auch hier.
Das Gespräch zu suchen und sich gegensätzlichen Meinungen auszusetzten ist also notwendig, um Kompromisse schaffen zu können.
#5 Gemeinsamkeiten finden
Manchmal hilft es, um Konversationen mit Andersdenkenden führen zu können, sich einfach mal zu fragen, was dieses Anders-denken betrifft. Meistens gibt es nur einen Aspekt oder nur ein Thema, bei dem die Meinungen polarisieren. Und meistens liegt das Problem der Kommunikation darin, dass wir uns an diesen Gegensätzen festkrallen und alles andere ausblenden.
Die Person wird auf diese eine Gegensätzlichkeit reduziert und das Verständnis wird unmöglich. Da kann es helfen, von diesem Tunnelblick weg zu kommen und sich die Frage zu stellen: Wo gibt es Gemeinsamkeiten? Welche Meinungen und Interessen teilen wir?
Einen gemeinsamen Grund zu finden ist meistens gar nicht so schwer, doch vor lauter Fokus auf Gegensätzlichkeiten, probieren wir es überhaupt nicht. Anstatt also Gegensätze zu unterstreichen, ist es einen Versuch wert, Gemeinsamkeiten hervorzuheben.
Heutzutage und vor allem in der aktuellen Situation steigt die Polarisierung in der Gesellschaft, aber gerade jetzt sehnen wir uns alle nach mehr Nähe und Vertrauen. Was im Großen vielleicht zu groß scheint, beginnt im Kleinen mit einfachen Schritten, die jedem von uns möglich sind. Wir alle können der gesellschaftlichen Spaltung entgegenwirken, indem wir selbst der Spaltung in unserem näheren Umfeld entgegenwirken und genau dort Konversationen beginnen, wo sie schwierig erscheinen.