Freiwillig ins Ausland: Wie? Was? Wann?
Interesse an einem Freiwilligendienst im Ausland? Bernhard Morawetz berät junge Menschen, wie sie den richtigen auswählen und sich vorbereiten.
Als junger Erwachsener ist Bernhard Morawetz nach Kenia gegangen, um als Freiwilliger in einer Schule und einem Heim mit Kindern mit Behinderung zu arbeiten. Sechs Jahre später konnte er sich auch beruflich im Bereich Auslandseinsätze engagieren: Bei „Jugend Eine Welt“ hat Morawetz 2015 begonnen, die Servicestelle "WeltWegWeiser" für internationale Freiwilligeneinsätze aufzubauen.
Interessierte können sich an die Servicestelle „WeltWegWeiser“ wenden, um Informationen über Auslandseinsätze zu bekommen und eine Organisation auszuwählen. Die Stelle bietet auch eine finanzielle Förderung für Freiwillige an, außerdem Seminare und Workshops zur Vor- und Nachbereitung des Auslandseinsatzes. Die Förderung wird von der Austrian Development Agency geboten, die eine neutrale, organisationsübergreifende Stelle unterstützen möchte.
Im Interview mit MEINPLAN.at reflektiert Bernhard Morawetz seinen eigenen Auslandseinsatz und hat Tipps parat, wie Interessierte Qualität bei einem Einsatz erkennen.
Welche Erfahrungen haben Sie selbst gemacht, als Sie einen Freiwilligeneinsatz in Afrika absolviert haben?
Zum einen hatte ich den Wunsch, in einen ganz anderen Teil unserer Welt zu reisen. Nicht nur das, auch dort zu leben, mitzubekommen, wie das Leben dort ist und eine andere Gesellschaft kennenzulernen. Ich war schon davor sozial engagiert, aber es war auch etwas ganz anderes für mich, den ganzen Tag in einem sozialen Kontext zu arbeiten.
Bei meinem eigenen Auslandseinsatz habe ich erfahren, wie wichtig es ist, dass es eine gute Begleitung vor Ort gibt. Ein Einsatz braucht einen guten Rahmen, es braucht vor Ort Leute, die darauf ausgerichtet sind, Freiwillige zu begleiten und für Fragen zur Verfügung zu stehen.
Außerdem macht es einen Riesenunterschied, ob man die Landessprache kann oder nicht. Ich habe die Sprache vor Ort gelernt, es ist einfach etwas anderes, wenn man sich mit den Leuten in ihrer Sprache unterhalten kann. Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass vieles von dem, was man an Erwartungen aus Europa mitbringt, nicht 1:1 auf die Situation im Einsatzland umlegbar ist.
wie finde und wähle ich einen Freiwilligeneinsatz, der zu mir passt?
Die wichtigsten Kriterien sind:
- Welche Vorbereitung bietet die Organisation an? Wir raten von Einsätzen ab, bei denen man ohne Vorbereitung in den Flieger steigt. Zur Vorbereitung gehört, zu erfahren, was mich im Projekt erwartet, etwas über die Region zu erfahren, über meine dortigen Aufgaben, und es sollte eine schriftliche Vereinbarung mit der Entsendeorganisation geben.
- Wie schaut die Begleitung vor Ort aus? Gibt es jemanden, an den ich mich wenden kann?
- Was passiert, wenn ich zurückkomme? Gibt es ein Rückkehrseminar, wo ich mich mit anderen über meine Erfahrungen austauschen kann? Viele Freiwillige fallen danach in ein Loch und sind mit ihren Erfahrungen allein, da ist der Austausch wichtig.
Wir als Servicestelle haben gemeinsam mit zehn österreichischen Entsendeorganisationen Qualitätsstandards erarbeitet, die prüfen, ob Einsätze für die Freiwilligen als auch die Partner vor Ort sinnstiftend sind. Die Organisationen orientieren sich daran und wir prüfen, ob die Standards eingehalten werden.
Wie erkenne ich einen unseriösen Anbieter?
Wir achten sehr darauf, dass die aufnehmende Organisation gut in die Entscheidung eingebunden ist und mitbestimmt, welche Freiwillige in ihr Projekt kommen. Eine Organisation sollte mitentscheiden können, wer zu ihnen passt. Außerdem sollte die aufnehmende Organisation in die Vorbereitung der Freiwilligen eingebunden sein, viele erhalten auch eine Entschädigung für die Begleitung der Freiwilligen. Die Angebote an Vorbereitung und Begleitung (Seminare, Workshops u.Ä.) sind ein Kriterium.
Der Preis für den Einsatz ist bedingt ein Kriterium, denn es gibt auch seriöse Angebote, die etwas kosten, weil dahinter ein Verein steht, der den Einsatz nicht aus eigenen Mitteln finanziern kann. Ein Indiz kann sein, ob ein gemeinnütziger Verein dahintersteht oder ein kommerzielles Interesse.
Welche Auslandseinsätze gibt es? Wie lange soll ich mir Zeit dafür nehmen?
Der größte Bereich ist die soziale bzw. pädagogische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Es ist der Schwerpunkt, der am meisten nachgefragt wird: Freizeitbetreuung, Nachhilfe in einzelnen Fächern, im Unterricht unterstützen, mit Kindern Ausflüge machen usw. Weitere Projekte gibt es im Umweltbereich, im landwirtschaftlichen Bereich, im Einsatz für Menschenrechte, Antirassismus-Arbeit oder auch im technischen oder medizinischen Bereich.
Wir empfehlen, dass Freiwillige zumindest drei Monate im Einsatz sind, besser sind sechs Monate oder ein ganzes Jahr. Einerseits ist oft kein Nutzen für die Aufnahmeorganisation gegeben – gerade junge Erwachsene ohne Berufserfahrung sind dann eine Unterstützung, wenn sie lange vor Ort sind. Andererseits ist sonst der Einsatz auch für die Freiwilligen unbefriedigend.
Wie merke ich, ob ich selbst reif und bereit für einen Auslandseinsatz bin?
Es braucht ein paar Dinge, die man mitbringen sollte:
- Selbstständigkeit in praktischen Alltagsdingen. Es kann passieren, dass mich niemand vom Flughafen abholt, auch wenn es ausgemacht war. In der Arbeit wird man auch nicht unbedingt jemanden haben, der ständig ansprechbar ist – das ist in einem fremden Land noch schwieriger.
- Bereitschaft zu einer einfacheren Lebensweise, in der Regel ist es ein anderer Standard, als wir ihn von zuhause gewohnt sind.
- Die Offenheit, dass man nicht als Experte kommt, sondern als Lernender.
- Die Bereitschaft, nach Möglichkeit die Sprache zu lernen.
Kritiker sprechen vom boomenden Freiwilligentourismus. Sind die Freiwilligeneinsätze sinnvoll?
Wir raten von Kurzzeit-Einsätzen ab, ganz besonders von Kurzeinsätzen, bei denen man mit Kindern und Jugendlichen arbeitet. Es gibt unseriöse Organisationen, die zum Beispiel einen zweiwöchigen Einsatz im Waisenhaus in Kambodscha anbieten – so etwas ist für alle Beteiligten unbefriedigend.
Gleichzeitig sehe ich, was nach dem Einsatz passiert. Die Freiwilligen erfahren Bewusstseinsbildung, informelles Lernen, von dem sie profitieren und das sie nach Österreich mitbringen. Sie tragen zum Beispiel ihr Wissen über andere Länder und Kulturen weiter.
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Übersicht der Fördermöglichkeiten, um deinen Auslandseinsatz zu finanzieren
Es werden auch Einsätze für Freiwillige mit Behinderung mit individueller Begleiung und mehr Förderung angeboten.