Volontariat in Afrika: Debora ist angekommen
Das Auslandsjahr in Äthiopien hat begonnen: Debora lernt Amharisch, um die Kinder im Jugendzentrum zu verstehen. Ein Einblick in ihr Volontariat.
Ich bin angekommen! Bei den Salesianern Don Boscos in Mekanissam, einem Stadtteil von Addis Abeba, der Hauptstadt Äthiopiens. In einem Land, das den ganzen Afrika-Klischees so gar nicht gerecht wird. Dafür mit Menschen, die mich offen empfangen und vom ersten Moment an versuchen zu integrieren. Ich hätte nie gedacht, dass ich mich in einem für mich fremden Land so schnell wohlfühle.
Afrika, der heißeste Kontinent? FEhlanzeige
Das Erste, das ich gemacht habe, als ich aus dem Flugzeug ausstieg? Ich hab meine Jacke angezogen. In Äthiopien ist gerade die große Regenzeit, die bis Mitte September/Anfang Oktober andauern wird und bei der das Thermometer nur selten über 20°C anzeigt. Außerdem liegt Addis Abeba ca. 2400 Meter über dem Meeresspiegel, weshalb die Temperaturen auch im restlichen Jahr die 35°C-Marke nicht überschreiten werden.
Tagsüber, wenn der Himmel nicht gerade seine tägliche Menge Wasser von sich gibt, haben wir angenehme Temperaturen und tragen lange Hosen, dünne Westen und, wenn man Glück hat, kann man manchmal sogar im kurzen Leiberl herumlaufen. Ansonsten bevorzuge ich meine dicke Fließweste oder die Regenjacke mit mehreren Schichten Gewand darunter. Ans Schlafengehen ohne Wollsocken und Strickpullover war bisher auch noch nicht zu denken. Ich sehne mich ein wenig nach dem Sommer in Österreich zurück.
Dafür erfreue ich mich jeden Morgen, wenn ich aus dem Fenster sehe, an den grünen Bäumen, pinken Blumen und der blühenden, vielfältigen Vegetation, die ich so auch nicht erwartet hätte und die gerade in der Regenzeit besonders ausgeprägt ist.
Ausblick aus meinem Zimmer © Debora Zöchling/VOLONTARIAT bewegt
DON BOSCO YOUTH CENTER MEKANISSA
Für das kommende Jahr ist das Youth Center mein Arbeitsplatz. Es bietet Kindern und Jugendlichen von 4 bis 20 Jahren, die aus den ärmsten Verhältnissen stammen, eine Schulausbildung und angemessene Freizeitgestaltung. Das Projekt übernimmt das Schulgeld, stellt alle benötigten Schulmaterialien zur Verfügung, bietet Räume und Unterstützung bei den Hausübungen, sorgt mit kreativen Inputs und Spielen für eine kindgerechte Freizeitgestaltung und gibt den Kindern und Jugendlichen mindestens einmal am Tag eine warme Mahlzeit. Die Kleinsten besuchen den projekteigenen Kindergarten.
In Äthiopien müssen alle Kinder bei der Einschulung schon Lesen und Schreiben auf Amharisch können. Des Weiteren benötigen sie Kenntnisse in Englisch und Mathematik. Deshalb ist der Unterricht im Kindergarten so aufgezogen, dass es Lerneinheiten, aber auch Spiel-, Tob-, Sport- und Bastelelemente gibt.
Wegschmeißen wäre verschwenderisch
Da die Schulferien noch bis 12. September andauern werden, ist auch der Kindergarten, wo ich beim Unterricht der dritten Klasse assistieren werde, noch geschlossen und alles ist ein wenig relaxter, was uns zum Eingewöhnen entgegenkommt. Es sind aber einige Vorbereitungen fürs nächste Schuljahr zu machen, wo wir, meine Mitvolontärin Marica und ich, fleißig mithelfen.
Einerseits recyceln wir noch unbeschriebene Seiten von alten Schulheften, da hier im Projekt so gut wie alles eine zweite Verwendung findet. Andererseits ist es unsere Aufgabe, gebrauchte Schulbücher wieder herzurichten. Öffentliche Schulen stellen Schulbücher zur Verfügung, doch die Schüler von Privatschulen, wie es die Don Bosco Schule ist, müssen ihre Schulbücher selber besorgen. Das Youth Center stellt hier gebrauchte Schulbücher zur Verfügung. Die sind teilweise schon sehr lädiert und bekamen von uns ein Rundum-Service, was oft einen neuen Umschlag und eine Verstärkung des Buchbundes mittels Tixo inkludiert. Hierbei konnte ich mich auch mit den amharischen Buchstaben versuchen.
Arbeit mit Kindern, ohne ihre Sprache zu sprechen?
Die meiste Zeit verbringe ich am Beginn meines Einsatzes im Oratorium. Dieses Freizeitzentrum, das unterm Schuljahr nur an den Wochenenden seine Pforten lüftet, ist in den Ferien die ganze Woche geöffnet. Kinder und Jugendliche können hier toben, tratschen, spielen, sporteln,… also ihre Freizeit sinnvoll verbringen und bekommen auch eine warme Mahlzeit.
Am Anfang hatte ich ein wenig Bedenken, weil ich kein Wort Amharisch konnte und ich für mich selbst die Anforderung hatte, alles perfekt zu machen. Doch die Kinder gingen vom ersten Moment an offen auf mich zu.
Die Kinder sind auch engagierte und motivierte Amharisch-Lehrer. Ich schnappte mir einen Zettel und einen Stift und schrieb alles, was sie mir ansagten, auf, damit ich es immer nachlesen und lernen kann. Dafür ein großes Amasecondalow (Danke).
Mittlerweile kann ich dank ihnen schon ein paar klitzekleine Brocken Amharisch. Doch ich verstehe die meiste Zeit noch immer kein Wort. Ich freue mich daher schon auf den Amharisch-Unterricht von Mr. Y, einem Englischlehrer von der Don Bosco Schule, damit ich mich hoffentlich bald mit den Kindern und Jugendlichen ausführlicher unterhalten kann.
Das liebste Spielzeug sind meine Haare
Beim Wuzeln, 4 Gewinnt,- Dame,- Uno,- Volleyball-Spielen, Herumtragen, Grimassen-Schneiden und beim Versuch, Amharisch zu sprechen, haben die Kinder, Jugendlichen und ich viel Spaß. Am liebsten berühren sie aber meine Haare, spielen damit und machen mir Frisuren. Medin, eine Jugendliche vom Center, hatte die Geduld und nahm sich über eine Stunde Zeit, mir kleine Zöpfe einzuflechten, die typische Frisur hier in Äthiopien.
PS: Ich hab mit Freude festgestellt, dass Debora in Äthiopien ein üblicherer und weiter verbreiteter Name ist als in Österreich, die Leute meinen Namen auf Anhieb verstehen und sich ihn auch leicht merken. Äthiopien ist ein sehr christliches Land, daher haben viele biblische Namen und da Debora auch in der Bibel vorkommt, hab ich schon Namensgenossinnen kennenlernen dürfen.