Zwiegespräche? Glückliches statt sprachloses Paar
Ich liebe es Buch-Empfehlungen zu geben und teile meine ausgelesenen Bücher gerne auf Instagram. Zu keinem Buch habe ich mehr reactions bekommen wie zu Die Wahrheit beginnt zu zweit – Das Paar im Gespräch. „Kannst du das Buch weiterempfehlen?“ „Mir wurde dieses Buch schon oft empfohlen!“ „Ist das Buch lesenswert?“ Ja, ja und nochmals ja! Um das Warum zu beantworten möchte ich einen kurzen Einblick in das Konzept des Zwiegesprächs geben.
Vereinfacht gesagt, ist das Zwiegespräch ein Gespräch – vorwiegend zwischen einem Paar – mit einer bestimmten Grundordnung. Das Zwiegespräch hat zum Ziel, die Beziehung durch Kommunikation zu pflegen und zu stärken. Nicht selten leben sich Liebespaare nach Jahren auseinander, haben sich nichts mehr zu sagen und können nicht miteinander reden. Der Autor des Buches, Michael Lukas Moeller, ist davon überzeugt, dass miteinanderreden der Schlüssel zu einer glücklichen Partnerschaft ist.
Zwischen dem, was gesagt, aber nicht gemeint wird, und dem, was gemeint,
aber nicht gesagt wird, geht ein großer Teil der Liebe verloren.
Khalil Gibran
Wir reden doch miteinander
Miteinander reden heißt nicht automatisch, dass man miteinander so kommuniziert, dass man Erkenntnisse über die Partnerin/den Partner erfährt. Nicht selten ersetzen Smalltalks und Alltagsunterhaltungen persönliche Paargespräche, welche zwar suggerieren zu kommunizieren, aber der Partnerin/dem Partner keine Auskünfte über das Innenleben geben. Oder wie Moeller es formuliert: „Es kommt also darauf an, dass wir lernen, miteinander wesentlich zu reden. […] Wiederentdeckung des Selbstverständlichen: dem persönlichen, konzentrierten, regelmäßigen Paargespräch.“
Durchs Gespräch zur Selbsterkenntnis
Die Themen im Zwiegespräch werden nicht vorher festgelegt. Es geht darum, zu schauen, was im Zwiegespräch aufpoppt. Meistens sind es Themen, die schon lange in einem schlummern, jedoch aufgrund von zum Beispiel Stress/Unterbewusstsein nicht nach außen getragen werden. Durch das Aussprechen erfährt nicht nur die Gesprächspartnerin/der Gesprächspartner mehr, sondern auch die Person selbst erhält Einsicht und Erkenntnis. „Ein Paar kommt nur weiter, wenn jeder in sich hineinschaut. Dort tut sich das, was den anderen ebenfalls bewegt.“ Auszug aus dem Buch. Verbunden mit Reflexion ist das Zwiegespräch eine großartige Methode um persönlich und als Paar weiterzuwachsen.
Was dich erwartet
Das Buch ist keine trockene Gebrauchsanweisung des Konzeptes, sondern lebt von vielfältigen Praxisbeispielen, welche neben Erfolgserlebnissen auch Schwierigkeiten beschreiben. Besonders zu Beginn ist das Führen von Zwiegesprächen für manche oft schwierig, da die neue Form der Kommunikation Überwindung kostet, der ungewohnte Rahmen verunsichert und der Druck alle Regeln sofort einzuhalten besteht. In der Regel schwinden diese „Anfangsschwierigkeiten“ rasch und die Zwiegespräche tragen schnell Früchte: Zeit und Raum für ein Miteinander („Quality time“), Einsicht in die eigene Innenwelt und des Gegenübers, mehr über den anderen erfahren und Wertschätzung durch aktives Zuhören erhalten. Alles wichtige Säulen die eine Partnerschaft tragen und eine Beziehung nährt.
Doch wie führt man Zwiegespräche?
Wichtig ist die Bereitschaft beider Partner/innen. Ich empfehle das Lesen des Buches, nicht nur zur Wissensaneignung, sondern auch um durch die Beispiele aus der Praxis mehr Einblick und Gelassenheit für die Umsetzung zu bekommen. Das Paar kann die Zwiegespräche selber gestalten (Ort, Uhrzeit), jedoch sollten die Regeln dabei nicht vernachlässigt werden. Empfohlen wird die Dauer von 1,5 Stunden – so hat jede/r Gesprächsteilnehmer/in ausreichend Redezeit und die Konzentration und Aufmerksamkeit werden nicht überstrapaziert. Aufregung, Nervosität und Unbehagen sind anfangs nicht ungewöhnlich, schließlich begibt man sich als Paar in eine ganz neue und besondere Situation.
Zwiegespräche können sehr aufwühlend und emotional anstrengend sein. Doch auch das Gegenteil kann der Fall sein: Kein greifendes Thema kommt auf und es wird geschwiegen. Dazwischen gibt es unzählige Möglichkeiten, wie sich ein Zwiegespräch entwickeln kann. Die Gesprächsdynamik wird jedes Mal eine andere sein und wird von den Teilnehmern subjektiv wahrgenommen und erlebt. Im Fokus steht der Austausch, welcher zwar stets unterschiedlich aufschlussreich ist, jedoch immer eine Chance für eine bessere Beziehung zueinander ist. Gemeinsam über sich reden baut eine Beziehung auf.
Regeln des Zwiegesprächs
Wie bereits erwähnt, sind die Grundordnung (Regeln) ein essentieller Rahmen für das Führen eines Zwiegesprächs. Zur Vereinfachung habe ich die Regeln und Rahmenbedingungen aufgelistet:
- Regelmäßigkeit: fixen Termin einplanen (+ Ersatztermin), 1x pro Woche Jour fixe
- Raum: ungestörte und ruhige Umgebung, z.B. nicht im Restaurant, Auto, beim Spaziergang
- keine Ablenkung: durch z.B. Smartphone, Nebenbeschäftigungen
- Zeit: abwechselnd sprechen (z.B. 15 Minuten Partner/in A, 15 Minuten Partner/in B), Timer setzen
- Dauer: Empfehlung = 1,5 Stunden
- Ich-Form: bei dir selbst und deinen Emotionen bleiben
- keine Fragen, Ratschläge, Kolonialisierungsversuche
- kein Offenbarungszwang: jeder entscheidet für sich wie viel und was er mitteilen möchte
- keine Erwartungen oder Vorwürfe formulieren
- Thema: Jeder spricht über das, was ihn bewegt (wie er sich, den andere, die Beziehung und sein Leben erlebt) – keine Forderungen an das Gegenüber stellen
- Schweigen ist okay, beispielsweise wenn einem nichts mehr zum Thema einfällt, aber die Zeit noch nicht abgelaufen ist
- aktiv zuhören und nicht auf das Gesagte vom Gegenüber eingehen – nicht kommentieren (auch nicht non-verbal mit Mimik/Gestik kommunizieren)
- geduldig und empathisch sein – auch Zwiegespräche brauchen Übung, nicht stressen, wenn nicht alle Regeln von Beginn an eingehalten werden können
- bei Streit das Zwiegespräch abbrechen und zu einem späteren Zeitpunkt führen
Wann ein Zwiegespräch sinnvoll ist
Nicht nur eine unglückliche Beziehung soll ein Anlass sein mit Zwiegesprächen zu starten. Viel eher fruchtet das Konzept, wenn bereits am Anfang einer Beziehung damit begonnen wird, Zwiegespräche in das Paarleben zu integrieren. Das Buch dazu (unten verlinkt) empfehle ich nicht nur Paaren, sondern auch Singles und allen anderen, die sich für Kommunikation und Umgang mit Emotionen interessieren.