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Abenteuer Leben. Studium. Beruf. © Sarah Staber & Stephanie Briegl / MEINPLAN.at

Wie ich das Streiten lernte

Streiten kann doch jeder, das muss man nicht erst lernen. Oder?! Nathalie erzählt, was es damit auf sich hat und weshalb Streit manchmal lebensnotwendig ist.

Ängstlich, mucksmäuschenstill, am Weglaufen – so ungefähr war meine Reaktion, wann immer mich ein Mensch in meinem Umfeld in irgendeiner Art und Weise angriff. Von Vorwürfen bis hin zu Beleidigungen und Anklagen konnte man mir alles sagen – denn ich hatte panische Angst vor Streit. Als extrem harmoniebedürftiger Mensch ließ ich mir ungefähr 20 Jahre lang fast alles gefallen – bis ich allmählich begann, die fatalen Folgen zu begreifen. Ich wurde immer öfter Opfer von Missverständnissen und es mir dämmerte, dass ich den Mund aufmachen muss um mich selbst zu verteidigen.  

 

Streiten kann doch jedeR?

…das würde man meinen! Als Einzelkind konnte ich mich leider perfekt davor drücken, in Streitigkeiten zu geraten. Mit wem sollte ich mich auch zuhause richtig schön zoffen und Machtkämpfe ausleben, habe ich doch keine Geschwister mit denen man solche Situationen für "das echte Leben" üben kann. Auch in der Schule schluckte ich lange Zeit einfach alles runter, besser den Kopf gesenkt halten als anecken und die Harmonie gefährden!



 

Zum Glück änderte sich diese Einstellung, als ich meinen ersten Teilzeitjob hatte. Nach ein paar Monaten begriff ich, dass jene Kolleginnen, welche mir gegenüber nicht allzu positiv gesinnt waren und mir vor der Chefin Anschuldigungen an den Kopf warfen, durch ihre Verhalten (das von mir nicht gebremst wurde) eine Gefahr darstellten (mögliche Kündigung!).
Lange ließ ich diese Gefahr zu, denn ich berichtigte Missverständnisse (wie sich später herausstellte) durch mein Schweigen lange Zeit nicht.

 

 

Streiten und das Selbstwertgefühl

Wie lernte ich also zu streiten? Richtig: in gewisser Weise  brachte mich erst Existenzangst dazu! Erst später begriff ich, dass das Abwehren von Attacken viel mit Selbstwert zu tun hat. Denn nur, wenn dieser vorhanden ist, traut man sich, seine Meinung zu äußern! Der genannte Studentenjob war rückblickend also ein sehr wichtiger Wendepunkt für mich. Ich begann, mich gegen ungerechtfertigte Anschuldigungen zu verteidigen und lernte langsam, dass man auch für sich selbst einstehen muss. Einfach sagen: "Das stimmt so nicht!", wenn die Kollegen vor der Chefin mit Anschuldigungen um sich werfen genügt um die Diskussion ins rollen zu bringen. Die Harmonie kann zwar dadurch kurzfristig gefährdet werden, aber das ist immer noch besser, als man hat das Gefühl, dass man ausgenutzt wird und alles mit sich machen lässt.

 

Mut zum Konflikt!

Als ich also begriffen hatte, dass ich mich aktiv verteidigen musste (und damit Streitigkeiten riskierte) – um mich selbst zu vertreten und um für meine Meinung einzustehen – sprang ich ins kalte Wasser. Immer öfter überwand ich ganz bewusst meine Angst und ließ mich auf Konflikte ein. Zugegeben, ich bevorzuge immer noch Harmonie, jedoch kann ein Streit auch sehr beziehungsreinigend sein.

 

 
Vielleicht fragst du dich jetzt was diese Nathalie hier von sich gibt, denn Streit ist doch nie gut! Stimmt nicht - Streit kann Missverständnisse beseitigen! Natürlich sollte man es nicht auf Streit anlegen, man sollte immer versuchen Probleme ruhig anzusprechen und nicht beleidigend zu werden.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 

Manchmal führt aber kein Weg an einer Streiterei vorbei, wenn man für sich einstehen und auf seine Sicht der Dinge beharren muss. Man braucht aber nicht nur im Job den Mut zum Konflikt, sondern auch im privaten Umfeld – denn wir sind es wert, uns selbst zu vertreten und nötigenfalls in Diskussionen zu geraten, um (möglicherweise) späterem Ärger vorzubeugen oder Missverständnisse aus der Welt zu räumen. Dies können nicht nur Konsequenzen im Beruf, sondern auch in Freundschaften und anderen Beziehungen sein. Stell‘ dir mal vor, du beleidigst jemanden unabsichtlich und dein Gegenüber schweigt immer nur, anstatt was zu sagen – genau: Du wüsstest in den meisten Fällen nicht einmal, dass deine Worte verletzend sind!

 

Bei mir war die Existenzangst im Alter von 20 Jahren der Grund, mich erstmals in Form eines Streitgesprächs zu wehren. Wenn du auch Probleme damit hast, dich in hitzige Gefechte zu begeben, denk‘ daran: Du musst nicht auf alles einsteigen, bist es aber wert, deine Meinung und dich selbst zu vertreten. Glaube an dich! Das bedeutet, dass du DIR ZU LIEBE nicht davonlaufen solltest, wenn es ernst wird! Ich selbst musste das auf sehr unangenehme Art und Weise erfahren. Und obwohl ich immer noch nicht gerne streite, so bin ich heute doch dankbar dafür, dass ich im Notfall weiß wie es geht! MIRZULIEBE.

Nathalie Credo

Schon viel gesehen, erlebt und ausprobiert: einfach Nathalie. Ich bin Sängerin, Autorin, Sozialpädagogin und Sozialarbeiterin, wobei ich mich auf zuletzt genanntem Gebiet gerade weiter spezialisiere. Neben Österreich sind die USA mein zweites Zuhause - das Reisen ist eines meiner liebsten Hobbys, doch zu lange würde ich von meinen beiden Katzenkindern nicht getrennt sein wollen. Meine Blogs sind vielfältig – so wie ich!

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