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Abenteuer Leben. Studium. Beruf. © Sarah Staber & Stephanie Briegl / MEINPLAN.at

Volontariat in Indien: An welchen Projekten arbeiten wir?

Florian ist seit sieben Wochen mit der Organisation VOLONTARIAT bewegt, einer Initiative von Jugend Eine Welt und den Salesianern Don Boscos, in Indien.

Die Zeit hier vergeht rasend schnell. Jetzt lebe ich seit mittlerweile sieben Wochen in Indien, doch es kommt mir viel kürzer vor. Das liegt vielleicht daran, dass hier andauernd etwas los ist! Letzte Woche war zum Beispiel das 9-tägige Fest zu Ehren des hinduistischen Gottes Ganesha. Dazu erzähle ich euch aber im späteren Verlauf des Beitrages mehr. Zuerst will ich euch, wie im letzten Beitrag versprochen, einen Einblick in die verschiedenen Navajeevan Teilprojekte geben.


„Navajeevan Bala Bhavan“ Teilprojekte

Es gibt Stadt- und Außenprojekte. Die Volontäre, die in den Stadtprojekten arbeiten, wohnen die ganze Woche in der Volontärsflat und gehen von dort aus jeden Tag in deren Projekte. Die Volontäre, die in den Außenprojekten tätig sind, verbringen die ganze Woche dort und kommen nur übers Wochenende in die Stadt, um sich dort von der meist anstrengenden Woche zu erholen und sich mit den anderen Volontären auszutauschen.

 

Stadtprojekte

STREET PRESENCE und COUNSELING – Kontaktaufnahme und Beratung

Die Street-Presence setzt sich aus Sozialarbeitern und einer meiner Mitvolontärinnen zusammen. Das sind jene Leute, die gemeinsam mit der Regierungsbehörde CWC zum Bahnhof, zum Busbahnhof und in die Slums der Stadt gehen. Sie sprechen mit Straßenkindern, beraten diese und bieten ihnen eine sichere Unterkunft im Shelter an. So sind insgesamt schon 60.000 Kinder zu Navajeevan gelangt.

 

SHELTER

In dieses Projekt kommen die meisten Buben für die ersten Wochen, nachdem sie von der Street-Presence aufgelesen wurden. Es gibt eine 24h-Betreuung und ein Alltagsprogramm aus Freizeit und kleinen Unterrichts-Einheiten von den Volontären. 


Die Burschen sind meistens zwischen sechs und 17 Jahren alt und bleiben so lange, bis unter laufendem Counseling feststeht, wo sie künftig wohnen werden. Manchmal können sie wieder nach Hause zu einem Familienmitglied ziehen, in anderen Fällen werden sie in ein passendes Navajeevan-Projekt weitergeleitet.

 

MOGGAS

Das Moggas ist ein Schulinternat. Dort leben ca. 100 Burschen im Alter von neun bis 16 Jahren, die auf eine öffentliche indische Schule gehen. Die Volos sind nur am Nachmittag zwei Stunden zur Games-Time hier. Sie organisieren die Spielzeit der Lilly-Moggas (die 25 Jüngsten im Moggas).

 

RVTC – Lehrwerkstätte für Elektriker, Installateure und Motorrad-Mechaniker

Die ca. 25 Burschen im Alter von 14 bis 19 im RVTC können oder wollen keine normale Schullaufbahn durchlaufen. Mit mindestens 14 Jahren und keiner Schulbildung, aber teilweise langer Zeit auf der Straße, ist das auch gar nicht möglich. Eine kurze praktische Ausbildung zu einem Beruf, der auf der Straße gefragt ist, und einige Englischstunden mit Volontären sind oft besser und verschaffen eine stabile Lebensgrundlage.


BVK – Ausbildungsprogramm für Frauen + Street-Work für Frauenrechte und Kinderarbeit

Im BVK können junge Frauen ab 16 Jahren aber auch erwachsene Frauen in Ausbildungskursen Schneiderin, Kosmetikerin oder Computerfachkraft lernen. Dabei geht es vor allem darum, mehr Unabhängigkeit und Chancen für die meistens verheirateten und oft in schlechten Verhältnissen lebenden Frauen zu schaffen. Auch hier gibt es Englischstunden, die von Volontären gehalten werden.

 

YUVA BHAVAN –Internat für Studenten + Verwaltung

Im Yuva Bhavan wohnen junge Männer, die es von der Straße bis ans Collage oder die Universität geschafft haben. Außerdem sitzt hier die ganze Verwaltung von Navajeevan. Eine Straße weiter liegt unsere Volo-Flat. 

 

Außenprojekte:

CHIGURU: Das Kinderdorf

Dieses Projekt liegt ca. 10 km außerhalb Vijayawadas. Hier leben 125 Jungen und Mädchen, die aus verschiedenen Gründen nicht in der Lage sind, auf eine staatliche Schule zu gehen. Sie sind teilweise recht jung (ab drei Jahren) und haben oft schon viel erlebt. Die Kinder haben hier ein wunderschönes Umfeld, direkt am Ufer des Krishna. Sie werden direkt im Projekt in einer Art „Sonderschule“ unterrichtet. Die Volontäre hier unterrichten, organisieren Spiele und verbringen den gesamten Alltag mit den Kindern.

 

DEEPA NIVAS: Ein Schulinternat

Das Deepa Nivas ist ein zweites Schulinternat. Hier leben 75 Burschen im Alter von sechs - 16 Jahren, die an die staatliche indische Schule gehen, unter anderem auch drei taubstumme Jungen. 
Das Projekt gehört erst seit anderthalb Jahren zu Navajeevan und liegt sechs km außerhalb der Stadt.
Die Deepa Nivas Volontäre stehen mit den Kindern auf, helfen bei Hausaufgaben und beim Lernen, organisieren Games-Time, unterrichten Computer und verbringen eigentlich von Früh bis Spät die ganze Zeit mit den Burschen.

 

VIMUKHTI: Ein Projekt für Jungen mit besonderen Bedürfnissen

Dieses Projekt liegt 45 km außerhalb der Stadt. Das Gelände ist riesengroß und beinhaltet eine Büffel- und eine Schafherde, Mango-, Bananen- und Palmenwälder. Die Jungs zwischen 14 und 19 Jahren sollen hier so weit wie möglich vom Stadtleben entfernt leben können. Die Jungen haben teilweise schon sehr viel erlebt und haben sehr oft auffällige Verhaltensweisen oder sind drogenabhängig. Das Leben am Land mit den Tieren, Unterricht und Programme mit den Volos und Counseling sollen sie von ihrem Leben auf der Straße entwöhnen und sie auf die Berufsausbildung vorbereiten.

 

Mein Projekt

Jetzt, wo ihr wisst welche Projekte es gibt, seid ihr sicher gespannt in welchem ich nun seit fünf Wochen arbeite. Ich wurde mit Justus, einem Mitvolontär aus Deutschland, ins Außenprojekt „Chiguru“ geplaced. Wir halten hier fünf Unterrichtsstunden pro Tag, vom Kindergarten bis zur vierten Klasse Volksschule. Die Schule hier ist aber keine staatlich anerkannte Schule. Es handelt sich mehr um eine Sonderschule. Wir spielen mit den Kindern im Kindergarten und halten Mathematik- und Englischunterricht in den Volksschulklassen.

 

Am Anfang war es noch sehr schwer für uns, die Klassen unter Kontrolle zu halten. Die Kinder schrien und rannten oft in der Klasse herum und taten was sie wollten. Mittlerweile haben wir es schon besser im Griff. Wir haben uns haufenweise Zuckerl gekauft und wenden die sehr gut funktionierende Belohnungsmethode an. Das heißt, wenn die Kinder auf ihren Plätzen sitzen bleiben und im Unterricht mitmachen, bekommen sie am Ende des Unterrichts Zuckerl.

 

Neben unserer Arbeit in der Schule machen wir am Nachmittag auch 2 Stunden Game-Time mit den Burschen. Oft spielen wir Fußball oder schubsen die kleineren auf der Schaukel oder dem Ringelspiel an.

 

Das Chiguru Areal, unsere neue Heimat

Die restliche Zeit haben wir frei. Wir verbringen aber die ganze Woche im Chiguru und sind auch in unserer Freizeit viel bei den Kindern. Derzeit ist unsere Freizeitbeschäftigung gerade das Haareschneiden der Burschen. Wir halfen auch schon einmal einen halben Tag in der Chiguru Bäckerei mit. 

Das Chiguru Areal ist riesig und besteht aus einem Hauptgebäude mit einigen Büros, der Bäckerei, der Essenshalle und einer Eventhalle im ersten Stock. Diese wird auch von Außenstehenden gemietet. Die Halle wurde erst vor kurzem zum Beispiel für zwei Wochen von Polizisten gebucht, die dort Fortbildungen hatten und auch in der Halle schliefen.


In der Mitte des Chiguru- Geländes befinden sich ein Spielplatz und ein Fußballplatz. Rundherum sind die Häuser in dem die Burschen und auch wir wohnen. Etwas weiter hinten befindet sich ein großes Haus, in dem die Mädchen untergebracht sind. Dieses Haus ist für Burschen absolut tabu. Die Mädchen haben auch ihren eigenen Spielplatz. Das Projekt liegt direkt am Ufer des Flusses Krishna. Es gibt auch einen kleinen abgezäunten Badebereich mit Wasserrutschen. Das Wasser des Flusses ist jedoch leider sehr schmutzig und sieht nicht sehr einladend aus.

 

Für die ganz neugierigen

Um euch das Gelände etwas besser vorzustellen, könnt ihr durch die sehr gut gemachten Google Street View-Bilder, die meine Freundin Rosa entdeckt hat, am Chiguru Gelände ein wenig herumspazieren.

Klickt dafür hier: Google Street View vom Chiguru Areal

 

Feste feiern

 
Meinplan.at
 

Die bunt geschmückte Statue des hinduistischen Elefantengottes Ganesha, davor könnt ihr einige meiner "Schützlinge" aus dem Projekt sehen. © Florian Friedl / MEINPLAN.at

 

 
 

Dadurch, dass die meisten Kinder, die hier wohnen aus hinduistischen Familien kommen, werden neben den christlichen Festen auch die hinduistischen gefeiert. Bis jetzt hatten wir bereits zwei Hindufestivals. Das erste Fest war der Geburtstag von Lord Krishna. Zu dem Fest wurde am Abend ein Kind als Krishna geschminkt. Es musste einen Tonkug (der mit Süßigkeiten gefüllt war) mit einem Stock zerschlagen. Der Krug war dabei an einem Seil befestigt. Das Schwierige daran war, dass zwei feierlich gekleidete Mädchen das andere Ende des Seils in der Hand hielten und den Krug immer wieder hochzogen wenn das Kind versuchte auf den Krug einzuschlagen. Nachdem der erste Krug zerschlagen war, befestigte ein Mitarbeiter, während sich die Kinder um die Süßigkeiten stritten, einen zweiten Krug. Dieser war jedoch mit Wasser gefüllt. Als der zweite Krug zerschlagen und der verkleidete Krishna patschnass war, startete eine Wasserschlacht mit davor vorbereiteten Wasserkübeln. Die Schlacht wurde von lauter indischer Musik begleitet. Es war ein sehr lustiges Fest. 


Das zweite Fest war der Geburtstag von Lord Ganesha. Dieses Fest dauerte neun Tage lang. Wir haben es jedoch nur einen Tag zelebriert. An diesem Tag war schulfrei und wir fuhren mit dem Bus in ein kleines Dorf in der Nähe. Zuerst gingen wir in den Tempel und hatten dort eine Art Gottesdienst. Anschließend wanderten wir durch das Dorf. An jeder Straßenecke standen große, bunt bemalte Tonstatuen von Lord Ganesha. Wir blieben bei jeder Statue stehen und segneten uns gegenseitig durch das streuen von Reis über unsere Köpfe. Auch in Vijayawada standen überall Statuen. Nach neun Tagen werden diese dann feierlich im Fluss Krishna versenkt.

Den Kindern machten die Feste großen Spaß und auch für uns ist es sehr spannend und interessant, diese miterleben und mitfeiern zu dürfen.

 

Ich hoffe ich konnte euch die Teilprojekte ein wenig beschreiben und euch einen kleinen Einblick in mein erstes Monat im Projekt geben.

 

Liebe Grüße aus Indien, 
Florian

Florian Friedl

Ich habe gerade die Matura gemacht und mache jetzt einen Zivilersatzdienst in der Stadt Vijayawada in Indien mit der Organisation VOLONTARIAT bewegt. Mit einigen Blogbeiträgen, Bildern und Videos werde ich meine Erfahrungen und Erlebnisse mit euch teilen.

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