Überfordert, frustriert oder planlos? Lebensberatung für junge Erwachsene
Wie gehe ich mit Überforderung und Frust um? Wie finde ich meinen Weg? Lebensberaterin Elisabeth Birklhuber gibt Anregungen für die typischen Lebenskrisen.
Michi ist 22 und wohnt bei seinen Eltern. Das möchte er auch weiterhin, doch die Konflikte häufen sich. Seine Eltern haben andere Leistungsvorstellungen und Werte als er.
Sabine ist 24 und fragt sich, ob sie in der Schule genug durchgebissen hat. Ihr Job ist nicht der richtige, sie möchte eine andere Ausbildung machen.
Gabi und Max sind seit zehn Jahren ein Paar, sie sind mit 15 Jahren in ihrer Schulzeit zusammengekommen. Jetzt stehen sie an einem Punkt, wo sie sich fragen: Haben wir etwas versäumt? Passen wir mit unseren unterschiedlichen Zukunftsvorstellungen zusammen?
Michi, Sabine, Gabi und Max – sie alle haben etwas gemeinsam: Sie haben Fragen, die sie mit jemand Fremdem besprechen möchten, der sie professionell beraten kann. Jemand, der im Gespräch oder mit Kreativmethoden weiterhilft, gemeinsam Lösungen zu finden. Jemand wie Elisabeth Birklhuber, diplomierte Beraterin bei der Lebensberatungsstelle auf.leben.
Meinen Weg finden: Durch kleine Schritte
Was kann ich tun, wenn ich mich planlos fühle? „Schritte machen“, sagt Elisabeth Birklhuber, Leiterin der Familienberatungsstelle Mödling. In der Beratung versucht Birklhuber, jungen Menschen die Angst vor einer Entscheidung zu nehmen, denn gerade im beruflichen Kontext ist sie nicht lebenslang bindend. „Egal in welche Richtung du gehst, du musst nicht in dieser Richtung bleiben“, beruhigt Birklhuber und erzählt von sich selbst: „Ich bin 52 Jahre alt, in meiner Generation hat man einen Beruf oder eine Ausbildung eingeschlagen und versucht, dabei zu bleiben. Doch auch ich bin mit 30 beruflich umgesattelt. Heute ist das viel eher möglich, Jobs sind nicht so, dass man sie bis zur Pensionierung machen muss.“
Was ihr in der Beratung jedoch wichtig ist zu vermitteln: jungen Menschen klarzumachen, dass sie von etwas leben müssen. „Du musst schauen, dass du irgendwie selbsterhaltend bist“, sagt Birklhuber.
Das Leben ist auch gut, wenn es sich nicht gut anfühlt
Zudem kann sie so manchen die Illusion nehmen, dass das Leben ständig optimal laufen soll. „Manche denken, wenn ich nicht 100-prozentig zufrieden oder glücklich bin, stimmt etwas nicht. Doch das gehört dazu, man muss durch etwas durchbeißen, etwas aushalten. Das Leben ist auch in Ordnung, wenn es nicht ununterbrochen in Ordnung ist“, beruhigt Birklhuber. „Auch wenn ich mich nicht rundum wohlfühle oder nicht genau weiß, wo ich hinwill, kann es mir gut gehen. Da sind manche von zuhause zu wenig gestärkt und es tut ihnen gut, sich damit auseinanderzusetzen.“
Elisabeth Birklhuber führt diese Haltung auch auf den Erziehungstrend vor 20 bis 25 Jahren zurück, wo man Kinder möglichst von Problemen fernhalten und dafür sorgen wollte, dass sie zufrieden sind. „Ab einem gewissen Alter funktioniert das nicht mehr.“
Jung und zweifelnd – an mir selbst
Wenn das Leben nicht rund läuft, überkommen junge Menschen oft auch Selbstzweifel. Minderwertigkeitsgefühle. Zukunftsangst.
Bei persönlichen Krisen helfe oft schon die Erkenntnis, eigentlich „ganz gut aufgestellt“ zu sein, zum Beispiel ein gutes soziales Netzwerk und familiäre Unterstützung zu haben oder zufrieden mit dem Körper zu sein. Elisabeth Birklhuber erzählt vom Modell des Psychologen Hilarion Petzold, das die Identität des Menschen in fünf Säulen beschreibt. Sie tragen die Persönlichkeitsstruktur, also das, was ich bin und was mich ausmacht. Wenn mich eine Säule davon nicht gut stützt, kann ich daran ansetzen und sie versuchen zu stärken. Die fünf Säulen und Fragen, die ich mir dazu stellen kann:
- Mein Körper. Fühle ich mich wohl in meiner Haut? Fühle ich mich schön? Bin ich gesund und fit?
- Mein soziales Netzwerk. Habe ich Menschen um mich, die mir wichtig sind und denen ich wichtig bin? Habe ich reale Kontakte, eine Familie, die mich unterstützt?
- Mein Beruf bzw. meine Möglichkeiten zur Verwirklichung. Kann ich etwas tun, mit dem ich mich identifiziere? Habe ich Freude an dem, was ich schaffen kann?
- Meine materielle Sicherheit. Kann ich meinen Lebensbedarf decken?
- Meine Werte. Was ist mir wichtig, woran glaube ich, wofür trete ich ein?
Öfters mal an die 5 Säulen der #Identität denken. Und gerne dazu das Wochenende nutzen oder Christine Radomsky @sinncoach dazu anfragen ... https://t.co/9mggv30L94
— Dr Christa D Schäfer (@ChristaSchaefer) February 17, 2018
Birklhuber betont, dass es zu einer Übergangsphase wie dem Erwachsenwerden dazugehöre, dass ich nicht genau weiß, was ich kann und Zweifel an mir habe. Helfen kann zum Beispiel, auf frühere Erfolgserlebnisse zurückzuschauen und zu überlegen, wo und wann ich mit mir zufrieden war.
Der Umgang mit Überforderung und Druck
Egal ob im Job oder Studium: Wir kennen den Leistungsdruck heute. Welchen Rat hat Elisabeth Birklhuber, um mit Überforderung und Druck umzugehen?
Unter diesen Rahmenbedingungen, in denen wir heute leben, sei es ein Stück weit normal, außer Atem zu sein, meint Birklhuber. Aber: „Überforderung kommt oft daher, dass ich es jemandem recht machen und entsprechen will. Ich kann schauen: Wie kann ich meinen Anspruch reduzieren? Meist reichen 70 Prozent aus, ich brauche nicht 200 Prozent zu geben.“
Manchmal habe es auch mit Toleranz zu tun. „Wie beurteile ich meine Altersgenossen und andere Menschen, die chilliger unterwegs sind? Wenn ich Menschen als Loser bezeichne, die zum Beispiel ein Schuljahr wiederholen, hab ich einen Anspruch an mich selbst, das anders zu lösen.“
Ausweg Drogen? Sucht vorbeugen
Kiffen, damit ich mit der Überforderung zurechtkomme? Natürlich ist es kein Weg, Ersatzmittel zu nehmen. Viel wichtiger ist, Strategien zu haben, wenn es mir schlecht geht.
„Stell dir zum Beispiel die Frage: Was habe ich früher gern gemacht? Wie habe ich als Kind auf Überforderung reagiert?
Nach dem Klaviermodell von Gerald Koller kann ich auf Klaviertasten aufschreiben: Was kann ich tun, wenn ich überfordert bin? Zum Beispiel mit einer Freundin reden, ein Glas Wein trinken, spazieren gehen,… Solange ich viele Tasten bespielen kann, habe ich eine Melodie und viele Möglichkeiten. Wenn ich nur mehr eine Taste habe – den Joint oder den Vodka oder Erbrechen – ist es eine Sucht. Berater wie Birklhuber können vorbeugend ansetzen, ein süchtiger Mensch wird weitergeleitet in die Therapie.
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