Soll ich wirklich Lehrer werden? 3 Wegweiser für eine Entscheidung
Elena über ihr Lehramt-Studium und Kriterien, diesen Beruf auszuwählen.
„In was bist du denn gut?“ - „In der Schule war ich in Englisch gut und Geschichte hat mich interessiert. Der Lehrer war so cool!“
„Studier doch einfach Lehramt, viel frei hast auch, und so schlimm wie alle tun, sind die Kinder dann vielleicht doch nicht. Musst halt einfach streng sein?“
Ich weiß nicht, wie oft ich diese Konversation bereits bei Verwandten, Bekannten oder Freunden gehört habe. Jedes Mal denke ich: Lehrer zu sein bedeutet doch viel mehr, als in zwei Fächern gut zu sein?
Leider sehe ich bei Freunden oft, dass die Wahl der Studienrichtung schwerfällt. Ob das Lehramtsstudium wirklich das richtige für dich ist, wirst du erst merken, wenn du sechs Studienjahre durchgeboxt hast und vor deinen Schülern stehst. Wenn es dann jedoch nichts für dich ist, würdest du dir vielleicht wünschen, du hättest von Anfang an besser reflektiert. Die Studienwahl ist schließlich keine leichte Entscheidung und hat Folgen. Vielleicht wirst du am Ende meines Blogs deiner Entscheidung ein bisschen näher sein.
1.) Was du in den Lehrberuf und das Lehramtsstudium mitnehmen solltest
Als ich in die erste Klasse Volksschule gegangen bin, habe ich mir zu Hause bereits eine Tafel gewünscht und meine Mama musste als „Schülerin“ herhalten. Ich lernte ihr das Alphabet, obwohl ich es gerade erst gelernt habe und hab ihr bereits mit zehn Jahren Ansagen korrigiert. Warum? Weil ich es wollte und weil es mir Spaß gemacht hat.
Bis ich 19 war und mit meinem Studium angefangen habe, habe ich nie daran gezweifelt, Lehrerin sein zu wollen und jetzt stehe ich ein Jahr vor meinem Diplomabschluss und bereue nicht eine Sekunde, diesen Beruf und dieses Studium gewählt zu haben.
Ich finde, dass du im Lehramtsstudium oft an deine Grenzen stößt, weil du studierst und studierst und dich im Kreis drehst. Eigentlich sind es die Fächer, in denen du gut bist und die du liebst, aber immer wieder gibt es Prüfungen, bei denen du von vornherein weißt, dass du in der Schule damit überhaupt nichts anfangen kannst.
Du lernst in Italienisch alles über die italienische Sprachwissenschaft, aber um Italienisch fließend sprechen zu können, musst du ins Ausland, denn du lernst alles drum herum und deine Sprache oder dein wirkliches Unterrichtsfach bleiben oft auf der Strecke. DU musst dich also durch das Studium teilweise durchkämpfen und dafür brauchst du Energie und Willen!
Freude am Lehrberuf haben © iStock/MEINPLAN.at
Willen hast du allerdings nur, wenn du auch weißt, dass der Lehrberuf das richtige für dich ist. Bevor du Lehramt studierst, sei dir im Klaren, dass du von sechs Jahren Studium nur ca. ein Drittel für dein wirkliches Leben als Lehrer brauchst. Du brauchst also Willen, Kraft, Ausdauer und Zielstrebigkeit, damit du dein Studium gut durchbringst und einmal Lehrer wirst.
Du solltest dir außerdem selbst ein paar Fragen stellen:
- Bin ich geduldig genug, das gleiche Thema wieder und wieder zu erklären und auch dem 1000. Kind den angemessenen Respekt entgegenzubringen und ihm mit aller Ruhe die Aufgabe zu erläutern?
- Kannst du andere für etwas begeistern, wenn alle der Meinung sind, dass es nichts Schlimmeres als Deutsch / Mathe / Englisch / Geo / Geschichte gibt?
- Wenn du gut in Mathe bist, aber für Kinder und Jugendliche wenig Verständnis hast, dann solltest du noch mal in dich gehen und dich fragen, ob du mit diesem Job auch wirklich glücklich werden kannst.
2.) Was einen guten Lehrer/ eine gute Lehrerin ausmacht
Eine gute Lehrperson…
- liebt Kinder
- liebt Jugendliche
- hat Verständnis
- ist spontan
- ist autoritär und trotzdem liebenswert
- hat Geduld
- kann begeistern
- liebt die Klasse
- liebt die Ausflüge
- liebt die langsamen, aber auch die guten Schüler
Sie findet einen Weg, um eine Klasse zusammenzuhalten, ihnen Mut zu machen und sie auf den richtigen Pfad des Lebens zu bringen. Für mich war es immer von der Lehrperson abhängig, ob ich ein Fach geliebt oder gehasst habe, ob ich es gut in Erinnerung behalten habe oder ob ich es in Zukunft meiden werde. Meine Lehrer haben mich auf meinen Weg gebracht und das ist eine große Aufgabe, die man nicht auf „Ich hab im Sommer Ferien“ beschränken sollte.
Ich habe in jeder meiner Praktikumsstunden gemerkt, dass ich in den nächsten Jahren glücklich sein werde, weil ich einen Job haben darf, der mich erfüllt, weil ich ganz genau weißm was ich will.
David Precht sagt: „Ein Lehrberuf ist ein künstlerischer Beruf und ein guter Unterricht ist ein Kunststück, das jeder Lehrer gemeinsam mit seinen Schülern versuchen sollte zu schaffen.“ Du solltest dich also fragen, ob du die Herausforderung liebst und jeden Tag neuen Situationen und einer Vielzahl von Schülern deine Aufmerksamkeit schenken willst. Didaktik (das Wissen, wie man lehrt und lernt) und Fachwissen sind zwei verschiedene Sparten und in beiden solltest du überzeugend sein, damit du als Lehrperson selbst glücklich wirst.
3.) Bist du wirklich schon bereit für eine Entscheidung?
Ich finde nicht, dass das Studium selbst der Weg des Findens sein soll. Ich finde, es sollte das Ziel sein, wenn man gefunden hat, was man will.
Ich selber habe mir verschiedene Berufssparten angesehen, obwohl ich von klein auf überzeugt war, was ich einmal werden will. Du kannst dir nach der Matura ein Jahr Zeit nehmen, Jobs ausprobieren, Reisen oder Freiwilligenarbeit machen und vieles mehr. Ich bin der Meinung, man sollte sich nicht zu einer Entscheidung drängen, denn diese Entscheidung ist schließlich Grundbaustein für dein ganzes weiteres Leben. Wenn man nicht weiß, was man will, jedoch trotzdem studiert, kann es entweder verlorene Zeit sein, der Anfang vom Ende oder aber genau das Richtige. In einer Zeit wie dieser ist man nicht gezwungen, sein Leben von vornherein zu planen, also warum sich nicht Zeit lassen?
Tipp für eine Übergangslösung
Wenn du dir nicht im Klaren darüber bist, ob du jetzt z.B. Deutsch und Geografie auf Lehramt machen sollst, dann kannst du dich immer für Deutsch oder Geografie Bachelor inskribieren und die Prüfungen machen, die man im Lehramt sowieso auch machen müsste. So hat man ein Studium, macht die nötigen Prüfungen, aber es gibt noch ein bisschen Zeit zum Überlegen, ob es wirklich Lehramt sein soll oder nicht. Entscheidest du dich nach einem Jahr für das Lehramt kannst du dir alles anrechnen lassen, hast du dich aber entgegen entschieden, kannst du immer noch an deinem Bachelor festhalten.
Hast du nicht genug Geld für eine Auszeit? Dann melde dich als AuPair an! Ich selber habe es leider nie gemacht, aber aufgrund von vielen Erzählungen weiß ich, dass man auf Kosten der Familie leben kann, bei der man wohnt. Als Gegenleistung passt man auf die Kinder auf oder lernt mit ihnen. Alle meine Freundinnen nahmen eine positive Erfahrung mit und hatten ihre „zweite“ Familie gefunden. Wäre das denn nichts für dich?