Selbstzweifel wegen der Mindeststudienzeit. Warum jeder sein eigenes Tempo hat und das vollkommen OK ist.
Vor ungefähr einem Jahr habe ich beschlossen meinen Bachelor in Psychologie nicht in Mindeststudienzeit abzuschließen. Heute bin ich überzeugt, dass das eine der besten Entscheidungen meines Lebens war.
Drei Semester lang war ein Abschluss in Mindeststudienzeit mein Ziel. Das hieß 30 ECTS pro Semester, tägliches Lernen und alle Pläne und Ideen, die mir so zwischendurch kamen, aufzuschieben, weil einfach keine Zeit dafür war.
Gegen Ende des dritten Semesters stand ich dann vor der Entscheidung, ob ich mein fünftes Semester im Ausland verbringen möchte oder lieber doch in Wien bleibe. Mir wurde schnell klar, dass Erasmus bedeuten würde, dass sich mein Studium um mindestens ein Semester verzögern würde, weil man sich im Ausland meistens nicht alles anrechnen lassen kann. Das wiederum würde heißen, dass wohl auch mein Berufseinstieg ein Jahr nach hinten rücken würde und ich nach dem sechsten Semester größtenteils alleine studieren würde, da die meisten Leute, die ich kenne dann schon fertig wären. Das größte Hindernis war für mich aber einfach der Gedanke nicht perfekt zu funktionieren und nicht den Erwartungen an eine gute Studentin zu entsprechen. Davon musste ich mich erst freimachen.
Nach einem klärenden Gespräch mit einer Freundin beschloss ich schließlich mein Studium langsamer anzugehen und weniger Lehrveranstaltungen pro Semester zu machen. Mit der Zeit wurde mir dann immer mehr bewusst welche Vorteile und Möglichkeiten das mit sich bringt.
Stressfreier Studieren
Heute sind so viele Leute gestresst, dass es schon zur Normalität geworden ist und wir uns schlecht fühlen, wenn wir nicht von einem Termin zum Nächsten hetzen. Aber warum eigentlich? Warum soll ich mich ständig überfordern und versuchen fünf Püfungen in einer Woche zu schreiben?
Wenn das mit der Mindeststudienzeit für dich nicht vereinbar ist, weil dein Studium sehr fordernd ist oder du nebenbei auch noch arbeiten musst, darfst du auch länger brauchen. Außerdem nimmt es dir auch den Druck, jede Prüfung auf Anhieb schaffen zu müssen.
Mehr als nur das Nötigste
Sicher kennst du die Situation, wenn der Dozent oder die Dozentin noch Zusatzliteratur zur Vertiefung empfiehlt und du dir nur denkst, "Guter Witz! Ich bin froh, wenn ich es durch die Pflichtliteratur schaffe."
Dadurch kannst du auch viel besser herausfinden, was du mal mit deinem Studium machen willst, als wenn du nur stur die Mindestanforderungen abarbeitest.
Zeit andere dinge zu machen
Studieren ist nicht alles im Leben. Vielleicht möchtest du eine neue Sprache oder ein Instrument lernen, mehr reisen oder wie ich ein Auslandssemester machen. Möglicherweise würdest du auch gerne Freiwilligenarbeit machen oder dich politisch engagieren. Der Druck möglichst schnell zu studieren, sollte dich nicht daran hindern, andere Träume und Ideen zu verwirklichen. Und viele dieser Erfahrungen sind auf lange Sicht wertvoller, als ein in Mindeststudienzeit abgeschlossenes Studium.
Vergleiche dich nicht mit anderen
Ein sehr wichtiger Punkt noch am Schluss. Lass dich nicht davon unter Druck wie schnell Andere studieren und was sie sonst noch unter einen Hut bringen. Studiengänge sind unterschiedlich und Menschen sind unterschiedlich. Manche müssen nicht viel lernen und schreiben trotzdem gute Noten, andere müssen sich länger hinsetzen und den Stoff gründlicher durchgehen. Wenn 30 ECTS pro Semester für dich kein Problem sind, ist das klasse. Wenn es dir aber zu viel ist oder dir auch andere Sachen wichtig sind, ist das auch total in Ordnung.
Mein Fazit
Ich persönlich fühle mich freier und ausgeglichener seit ich beschlossen habe langsamer zu studieren und habe Erfahrungen gemacht, die mir jede Verzögerung wert sind. Du brauchst kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn du aus den verschiedensten Gründen nicht in Mindeststudienzeit studieren kannst oder willst. Wir dürfen alle in unserem eigenen Tempo vorangehen.