Selbstversuch: ein Wochenende Schweigen
Auf Exerzitien den Kontrast zum Alltag erleben: Auf den ersten Blick langweilig, sind Exerzitien ein Abenteuer, das dich überraschen kann. Mit Termintipps.
Ich habe mich zum dritten Mal auf das Abenteuer der Schweigeexerzitien eingelassen. Exerzitien – das sind geistliche Übungen, Abstand vom Alltag, Zeit in Stille und Zeit für Gott. Nur etwas für ganz Fromme? Eher ein Abenteuer, auf das sich jeder mal einlassen kann.
Eigentlich ist mir gar nicht nach Schweigen zumute, als ich zu diesem Wochenende aufbreche. Doch aus den Erfahrungen der vergangenen Jahre weiß ich, dass so ein Wochenende schnell vorbei ist – und vor allem gut tut.
Der Freitagabend beginnt entspannt, wir zehn jungen Frauen treffen uns beim Abendessen. Wir dürfen plaudern, aber den meisten ist nicht sonderlich danach – typische Gruppendynamik, erst warmwerden, dann reden. Bei der Vorstellrunde outen sich die Neuen: „Ich weiß noch nicht, ob ich das Schweigen schaffe…“ So geübt bin ich bei meiner dritten Runde Schweigeexerzitien, das Schweigen schaffe ich bestimmt. Die interessantere Frage aber: Was wird dabei aufkommen?
Was beschäftigt mich im Innersten?
Wer Ruhe und Gedanken zulässt, darf mit allem rechnen, das von innen hochkommt. Im Trubel des Alltags ist meist so viel los, das verdeckt, was mich im Innersten beschäftigt. Bei mir sind das Fragen wie: Wo ist mein Platz in dieser Welt? Setze ich meine Zeit aktuell für die richtigen Dinge ein? Wie soll ich in den großen Fragen meines Lebens entscheiden? Könnte der liebe Gott etwas mit mir vorhaben …?
An diesem Wochenende habe ich zwar viel Ruhe, aber ich bin nicht allein. Mit der Gruppe haben wir gemeinsame Essenszeiten. Statt zu reden lächeln wir uns an, im Hintergrund läuft Musik. In Vorträgen bekommen wir Anregungen, worüber es sich am Wochenende nachzudenken lohnt. Wir hören Lebensbeispiele und Bibelstellen, die zum Weiterdenken anregen. Beim Spazierengehen kann ich meine Gedanken sortieren und nehme anschließend auch das Angebot in Anspruch, mit dem Priester zu reden. So ein bewusstes, klärendes Gespräch hilft auch beim Schweigen weiter.
Ein Wochenende ohne Handy
Das Handy bleibt an diesem Wochenende abgedreht. Interessanterweise stört mich das nicht. Ich habe jetzt keinen Bedarf, etwas zu vereinbaren oder zu erfahren. Erst als es Abend wird, stört mich die Ruhe. Viel lieber würde ich jetzt mit den anderen plaudern, als zurück aufs Zimmer zu gehen. Ich merke, wie Sorgen aufkommen und mich unruhig machen – jetzt ist Zeit, in die Kapelle zu gehen und alles dem lieben Gott anzuvertrauen. Einfach mal fallen lassen. In Ruhe, versteht sich.
Und als wir das Schweigen brechen? Fühlt es sich an, als wäre die Zeit zu kurz gewesen. Wir nützen die ersten Worte, um uns gegenseitig etwas Schönes zu sagen. Mir wird bewusst, welche Kraft Worte haben können.
Termintipps: Exerzitien in deiner Nähe
Exerzitien für junge Erwachsene dauern meist ein Wochenende, werden für junge Frauen oder junge Männer angeboten, zum Teil mit Schweigen.