Perspektivenwechsel: Das war mein Auslandsjahr in Peru
Marlen hat sich ein Jahr lang als Freiwillige in Peru eingesetzt. Im Rückblick erzählt sie von ihrem Perspektivenwechsel, Freiheitsgefühl und der Wertschätzung, die sie erfahren durfte.
Marlen hat letztes Jahr in der Steiermark ihre Matura gemacht. Seit August vergangenen Jahres lebt sie als Jesuit Volunteer in Piura, einer Wüstenstadt im Norden Perus, die rund 500.000 Einwohner zählt und unterstützt CANAT, eine Sozialeinrichtung für arbeitende Kinder und Jugendliche. Das Programm Jesuit Volunteers ist Teil von ausserordentlich, der AG der internationalen Freiwilligendienste der Ordensgemeinschaften Österreichs.
Ein Auslandsjahr ist ein Perspektivenwechsel
Mein freiwilliges soziales Jahr neigt sich nun langsam dem Ende zu. Naja, eigentlich eher schnell, denn langsam ist die Zeit in diesem Jahr definitiv nicht vergangen. Und so ist es nicht mehr lange bis zum Tag des Abschieds. Abschied, ein Wort, das im Duden als Trennung von jemandem oder etwas definiert ist. Die Trennung von mir und meiner kleinen peruanischen Welt, in der ich lebe. Die Trennung von Menschen, die ich in mein Herz geschlossen habe, von Orten, die ich liebgewonnen habe, von einem Leben, das meine Perspektive gewechselt hat. Perspektivenwechsel, das wäre sicher eines der Wörter, müsste ich dieses Jahr mit drei Begriffen beschreiben. Die anderen beiden wären Freiheit und Wertschätzung.
Ein Jahr voller Begegnungen
Blicke ich auf die letzten Monate zurück, waren diese voll mit Begegnungen, die mich bewegt haben, Situationen, die mich auf die Probe gestellt haben und Erfahrungen, die mich wachsen ließen. Momente, die mich mit einem großen Fragezeichen zurückgelassen haben. Handlungen, für die es aus meiner Perspektive keine Erklärung gab. Die ich nur nachvollziehen konnte, indem ich meine Perspektive einmal auf den Kopf stellte und die Situation anders betrachtete. Und dann ging mir manchmal ein Licht auf.
Ein Auslandsjahr heißt Freiheit
Frei sein, sich nicht gebunden, gezwungen oder zu etwas verpflichtet fühlen. So fühlte ich mich dieses Jahr ganz oft. Und ich weiß, dafür spielten viele Faktoren zusammen: In einer WG zu wohnen, in der man sich zu Hause fühlt, eine Arbeit zu haben, auf die man sich freut und die Gewissheit, dass egal was passiert, es jemanden gibt der für dich da ist. Aber nicht nur deshalb, sondern auch durch den Lebensstil meiner peruanischen Freunde hier, die spontan sind und im Moment leben. Vor allem die Zeit außerhalb der Arbeit steht im Vordergrund. Das alles hat es mir möglich gemacht, mich in diesem Jahr frei zu fühlen.
Wertschätzung für die eigene Arbeit
Und Wertschätzung. Ein Begriff, den ich in diesem Jahr, glaube ich, sehr intensiv gelebt und erlebt habe. Nicht dass ich vor diesem Jahr nichts wertgeschätzt hätte, aber ein Jahr ohne die Menschen, die sonst immer gleich zur Stelle sind und ohne Dinge, die man für selbstverständlich hält, zu leben, ist dann doch nochmal etwas anderes, als wenn man nur darüber spricht, wie viel man etwas schätzt.
Viel mehr, als ich Wertschätzung gegeben habe, wurde mir diese in dem Jahr entgegengebracht. Und das habe ich CANAT und dem gesamten Team zu verdanken. Es wurde nicht nur das gesehen, was noch fehlt, was schief gelaufen ist oder was man verbessern könnte. Es wurde gesehen, was geschafft wurde, wie viel Arbeit es war und wer der Mensch ist, der dahinter steht. Ich habe mich immer wertgeschätzt gefühlt und dafür bin ich wirklich dankbar.
Der Abschied rückt näher. Und ich werde mit einem weinenden und einem lachenden Auge Piura verlassen. Zwar muss ich einiges zurücklassen, viel mehr kann ich aber mitnehmen und hoffentlich für immer mit mir tragen. Darunter auch diese drei Begriffe, die dieses Jahr, auch wenn es nicht immer einfach war, zu etwas gemacht haben, das mir immer mein Herz erwärmen wird, wenn ich daran zurückdenke.