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13.07.2018 | Entscheidungen | GerlindeH

Nein ist mein neues Ja

Ich kann halt nicht „Nein“ sagen... - Wenn du das öfter sagst und damit nicht glücklich bist, ist dieser Blog das Richtige für dich.

Als ein Kind der Gegenwart liebe und lebe ich die unzähligen Chancen und Möglichkeiten unserer heutigen Zeit: Ich reise für mein Leben gerne, halte dank Internet Kontakt mit Freunden auf mehreren Kontinenten und ich durfte mich – wie viele andere auch - im Ausland auf komplett unterschiedlichen Gebieten weiterbilden. Und das alles, ohne besonderen finanziellen Background. Was für ein wunderbares Geschenk!

 

Was an Möglichkeiten für die Generationen vor uns also noch unvorstellbar war, ist in unseren Breiten nun Alltag. Mit Freunden wird an einem gemeinsamen Abend längst nicht mehr diskutiert, ob noch Sushi oder Tortillas Essen am Plan steht, sondern ob der Urlaub oder gar das Auslandssemester nach Tokio oder Mexico führen soll.

 

Entscheidung.

Die tägliche Qual der Wahl bei Entscheidungen © GerlindeH/MEINPLAN.at
 

Die tägliche Qual der Wahl bei Entscheidungen © GerlindeH/MEINPLAN.at

 

Eindeutig ist bei all der Fülle an Optionen wenigstens, dass es zunehmend gilt, eine ganz besondere Fertigkeit im Alltag zu beherrschen: Die liebe Kunst der Entscheidung. Denn, wie heißt es doch so schön? Wer die Wahl hat, hat auch die Qual.

 

So stehen wir heutzutage angeblich bis vor 20.000 Entscheidungen - täglich. Und wenn wir manchmal Glück haben, dann können wir uns elegant den Luxus gönnen, uns zumindest nicht gegen etwas entscheiden zu müssen. Wir können beides tun, lassen oder nehmen: Dann, wenn es im Sonderangebot zum Beispiel zwei Produkte zum Preis von einem gibt. Dann, wenn wir vielleicht sogar zwei kleine Jobs nebeneinander annehmen können und damit nicht nur besser verdienen, sondern gleich auch Einblick in mehrere Branchen erhalten.

 

Ein Nein muss da oftmals gar nicht erst eine Option sein.

 

Überforderung.

Manchmal bedeutet aber selbst ein „Sich-nicht-gegen-etwas-Entscheiden“ Überforderung. Wir bemerken es allerdings öfters erst dann, wenn es den anderen auffällt. Wenn wir aus unserem Umfeld die Rückmeldung erhalten, seit Längerem kränklich oder angespannt auszusehen. Wenn wir auf zwei Hochzeiten zwar nicht gleichzeitig, jedoch aber am selben Tag tanzen. Oder wenn unser Kalender bereits für die nächsten drei Monate kaum eine freie Zeile für Eintragungen lässt und wir trotz Zusatzvitaminen dauererschöpft sind. Dabei, so stellen wir fest, haben wir uns doch die ganze Zeit für gute und sinnvolle Dinge entschieden ...

 

Minimalismus nur im Kleiderkasten?

Spätestens seit Marie Kondo ist zumindest im Haushalt und Kleiderschrank der Minimalismus Trend & Tugend. Wir erfreuen uns, gelernt zu haben, konsequent auf Essentielles zu setzen. Wir haben verinnerlicht, dass wir zuhause nur brauchen, was schön oder nützlich ist. Die Kastentür lässt sich nun endlich auch wieder ohne dem Risiko einer Kleiderlawine öffnen und das Wohnzimmer sieht sogar so luftig frisch aus wie beim Einzug.

 

Gleichzeitig ist selbst für Studenten und junge Erwachsene Burnout mittlerweile so greifbar nahe wie die Lockangebote im Einkaufszentrum. Und während viele von uns nun wissen, wie sie mit letzterer Versuchung gut umgehen können, so hält sich vielerorts nervenzehrende Busyness noch immer hartnäckig als „Ehrenabzeichen“ ...

 

 
Wieso ziehen wir bei all dem Entrümpelungstrend eigentlich nie eine Parallele zu den Bedürfnissen unserer Seele?
 
 

 

Ein Plädoyer für mehr focusing

Eigentlich müssten wir nur genauer hinhören, was so viele erfolgreiche Leute als ihr Erfolgsprinzip beschreiben. Erstaunlich oft wird da der kontinuierliche Fokus auf die eigenen Begabungen angeführt, nicht nur von Steve Jobs. Milliardär Warren Buffet stellt gar fest: “The difference between successful people and very successful people is that very successful people say ‘no’ to almost everything.”

 

Was zunächst nach harter Selektion klingt, hat aber auf den zweiten Blick einen doch recht verheißungsvollen Charakter. Denn dort, wo unsere Talente liegen, da sind oft auch Begeisterung, Potential und Erfolg nicht weit. Mit dem Ziel vor Augen, macht auf einmal auch so mancher Verzicht Sinn.

 

Vielleicht ist also doch der Zeitpunkt gekommen, den Kompass auch auf immaterieller Ebene neu auszurichten. Weniger kann vielleicht auch im Alltag mehr.

 

Denn auch das Nein ist ein Ja

Das ist zumindest meine persönliche Erfahrung nach so einem „Ja(hr) zum Nein“.

 

Ganz konkret war mein vergangenes Kalenderjahr darauf ausgerichtet, vieles von meinen Aktivitäten und Engagements zu überdenken. Gleich aus guten zehn von ihnen zog ich mich zurück. Freilich muss ich zugeben, dass gerade ich mit meiner ausgeprägten Liebe dafür, Chancen und Möglichkeiten zu nützen, in diesem Belang nach wie vor eine Lernende bin und vermutlich bleiben werde. Auch gingen diese „Neins“ nicht von heute auf morgen und leicht war es oftmals ganz bestimmt nicht. So einiges an Energie musste sorgsam darin investiert werden, dass mein Nein nicht eine unfreiwillige Mühsal für andere bedeutet. Vor allem aber war es eine Schule der Disziplin und Demut. Denn so ein Schritt bedeutet nicht zuletzt auch ein Abschied von Dingen, in welche man teils so richtig viel Herzblut investiert hat.

 

 
Nein zu sagen ist erholsam. © GerlindeH/MEINPLAN.at
 

Nein zu sagen ist erholsam. © GerlindeH/MEINPLAN.at

 
 

 

Ob ich es also bereut habe? Nein!

 

Denn ich konnte oft ganz deutlich erfahren, dass sich ein Nein blitzschnell in ein Ja zu etwas anderem verwandeln kann. Dann zum Beispiel, wenn man plötzlich mehr zeitliche Ressourcen für Dinge findet, für die man „nie Zeit“ hatte. Dann, wenn man auf einmal seine Talente fokussierter einsetzen kann und richtig viel Freude daran hat.

 

Ob ich es also bereut habe, früher so viel Unterschiedliches unternommen zu haben? Erst recht nein! Denn, das Schöne ist meiner Erfahrung nach, dass uns unser Herz ganz klar zeigt, wann und wo es Zeit ist Nein zu sagen.

GerlindeH

Meine Freizeit verbringe ich am liebsten mit Reisen, Fremdsprachen, guten Gesprächen und inspirierender Literatur. Und das Schönste daran? Vieles davon hat auch seinen Platz in meinem beruflichen Alltag als Sprachenlehrerin. Und selbst wenn mich immer wieder das Fernweh überkommt, so liebe ich es nicht minder, regelmäßig neue Seiten meiner schönen Heimatstadt Wien zu erkunden und ihre Vielseitigkeit zu genießen!

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