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Abenteuer Leben. Studium. Beruf. © Sarah Staber & Stephanie Briegl / MEINPLAN.at

Nachhaltig Reisen: Worauf es wirklich ankommt

Was heißt es, klimafreundlich und fair zu reisen? Ist das tatsächlich möglich? Der Versuch einer Auseinandersetzung mit diesem komplexen Thema.

Wenn ich Leute frage, was sie während der Coronapandemie am meisten vermissen, ist eine der häufigsten Antworten nach Fortgehen und Restaurantbesuchen, endlich mal wieder zu verreisen. Ich kann es ihnen nicht verdenken. Für mich war die Frage, ob und wann ich wieder reisen kann, sogar eine, die mich während monatelanger Kontaktreduzierung und Daheimbleiben am meisten beschäftigt hat und im Endeffekt habe ich Mittel und Wege gefunden, um auch während des Lockdowns zu verreisen.

 

Trotzdem ist mir bewusst, dass gerade Reisen einer der Hauptgründe ist, warum es überhaupt zu einer Pandemie in diesem Ausmaß kommen konnte und auch einen sehr beachtlichen Anteil zur Klimakrise beträgt, in der wir uns noch immer befinden.

 

Gibt es Fairness beim Reisen?

Ein Thema, das mir erst beim Gespräch mit einem Einheimischen an einem meiner ersten Abende in Panama bewusst geworden ist, ist die Fairness beim Reisen. Ich war in einem kleinen, spärlich besuchten Hostel in Panama City, sitze entspannt im Garten und snacke frische Ananas. Ein junger Mann vom Personal beginnt eine Unterhaltung über meine Reise, wer ich bin, wie mir Panama gefällt, das Übliche. Irgendwann fragt er mich, wo ich denn schon überall gewesen bin und ich zähle eine beachtliche Anzahl an Ländern in Europa auf und was ich denn noch so gerne sehen würde. Als ich die Frage zurückspiele, antwortet er, dass er bis jetzt eigentlich nur in Panama gewesen ist, aber bald wird er mit seiner Tante eine Woche Urlaub in Cancún (Mexiko) machen. Er ist sehr aufgeregt.

 

Ich merke, dass es für mich kaum vorstellbar ist, das ganze Leben nur in einem einzigen Land zu verbringen. Später, als ich ihm von den Preisen in Europa erzähle, sagt er gleich, dass er da wohl nicht hinreisen könne und führt mir ungewollt vor Augen, wie privilegiert ich bin, so eine Reise machen zu können. Er spricht einen Kernpunkt des fairen Reisens an. Wir Europäer freuen uns, in bestimmte Länder Asien oder Lateinamerikas zu reisen, weil dort ja alles so herrlich billig ist, aber umgekehrt geht die Rechnung nicht auf. Den Menschen aus diesen Ländern bleiben die meisten Reiseziele verwehrt, weil sie sich die dortigen Preise einfach nicht leisten können.

 

 
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Strand und Palmen. Der Traum vom Paradies. Aber zu welchem Preis? © Edith Hechtberger

 
 

 

Reisen ist nicht nachhaltig und fair. punkt.

Klar könnte ich dir jetzt einfach eine 10 Tipps-Liste, wie du nachhaltig und fair reisen kannst, an die Hand geben, um dein Gewissen zu beruhigen. Aber das wäre nicht ehrlich. Reisen ist nun mal im überwiegenden Teil der Fälle nicht nachhaltig und wirklich fair wahrscheinlich nie. Dieser Realität muss man einfach mal ins Auge schauen.

 

Genauso wenig ist die Lösung denkbar, dass wir alle komplett aufhören zu reisen. Dazu ist unsere Welt heute schon zu interconnected und wie die Pandemie gezeigt hat, würde unser Reisedurst dadurch noch größer werden. Leider sprechen wir über das Thema Nachhaltigkeit mit einer gewissen Doppelmoral, weil wir im Westen in einer Kultur und in einem System leben, das von Grund auf nicht nachhaltig und fair ist.

 

Der Grösste Klimatreiber beim Reisen ist das Transportmittel

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Bus statt Flugzeug trägt viel zu nachhaltigem Reisen bei. © Edith Hechtberger

 

Wir wissen alle: Fliegen ist sehr schlecht für unseren Planeten. Für viele Reiseziele ist es leider die einzig realistische Möglichkeit, sie zu erreichen. Fernreisen sollten daher ein Luxus sein, den man sich ein paar Mal im Leben gönnt, und sich dann wirklich Zeit dafür nimmt.

 

Für kürzere Erholungsurlaube reicht die nähere Umgebung völlig aus. Vielleicht hast du durch Covid schon bemerkt, welch schöne Flecken es in deinem eigenen Land und in den umliegenden Nachbarländern gibt, die du bequem mit Bus, Zug oder Auto erreichen kannst. Wenn es dir hauptsächlich darum geht, zu relaxen und abzuschalten, kannst du das am Strand in Italien oder Kroatien genauso gut wie in der Karibik. Oft geht es mehr um Status und Anerkennung, wenn wir dorthin reisen wollen.

 

CO2-Verbrauch kompensieren

Steigst du doch in ein Flugzeug, gibt es heute viele Möglichkeiten, den CO2-Verbrauch deiner Reise zu kompensieren, indem du an Organisationen wie atmosfair oder co2.myclimate einen gewissen Betrag spendest, der dann in klimafreundliche Projekte investiert wird. Ich empfehle, das bei jeder Flugreise zu machen, auch wenn es nur ein Tropfen auf den heißen Stein und nicht die ultimative Lösung ist. Das CO2 wird trotz deiner Spende in die Atmosphäre gepumpt.

 

Besser ist es also, einen Flug zu vermeiden. Wenn man sich etwas mehr Zeit nimmt, kann man mit Zug und Bus weiter reisen als man denkt.

 

 
 
Seltener, aber dafür länger und intensiver reisen, lautet die Devise.
 

 

Den Umweltfreundlichen Hausverstand nicht zuhause lassen

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Müll gehört auch im Urlaub nicht neben die Straße. Edith Hechtberger.

 

Wenn du mal an deinem Reiseziel angekommen bist, funktioniert Umweltschutz im Grunde genommen nicht anders als zu Hause. Sprich: Verpackungsmüll vermeiden, Sackerl zum Einkaufen mitnehmen, lokal und saisonal einkaufen – alles altbekannt.

 

Das Problem ist, dass wir auf Reisen in einer anderen Umgebung sind, uns nicht gut auskennen und oft einfach entspannen wollen und vom Umweltschutz Urlaub nehmen wollen.

 

Zugegeben, je nach Reiseziel ist es manchmal wirklich schwieriger, umweltbewusst zu handeln, aber versuchen kann man es trotzdem. Eine wiederauffüllbare Trinkflasche und einige Mehrwegsackerl im Gepäck zu haben, hilft schon, Müll zu vermeiden. Nachhaltige Gewohnheiten wie Wasser sparen, Lichter abdrehen oder Mülltrennung sollten im Urlaub genauso beachtet werden, auch wenn es nicht auf die eigene Rechnung geht.

 

Fair reisen

Fair zu reisen ist fast noch komplizierter als nachhaltig zu reisen. Grundsätzlich ist eine Reise nie wirklich fair, weil es immer viele andere Menschen, die sich eine Reise niemals leisten können. Der erste Schritt ist, sich diesem Privileg bewusst zu werden.

 

Das Mindeste, was man noch tun kann? Versuchen, die Kultur des Landes kennenzulernen, sich vorab zu informieren und zumindest Basics der Sprache zu lernen. Je länger eine Reise ist, desto mehr Potenzial hat sie, eine faire Reise zu sein. Denn dann hat man mehr Zeit für echten Austausch mit Einheimischen und man kann sich vielleicht sogar in lokalen Projekten einbringen, wie das zum Beispiel bei Volunteering-Programmen oder Workaway der Fall ist. Aber Vorsicht, nicht immer ist Volunteering wirklich zum Vorteil der lokalen Community. Deswegen sollte man sich vorher gut über das Projekt und die Organisation informieren, um zu sehen wer wirklich von Geld und Arbeit profitiert.

 

 
Auf einer kurzen Reise ist das Beste, das du tun kannst, kleine Geschäfte und Unternehmen im Zielland zu unterstützen statt große internationale Ketten, dich respektvoll gegenüber der Kultur zu verhalten und Dinge, die dir seltsam erscheinen, versuchen zu verstehen. Umweltbewusstes Verhalten auf Reisen ist auch eine Form des Respekts vor dem fremden Lebensraum.
 
 

Nachhaltiges und faires Reisen ist, wie gesagt, ein komplexes Thema und einfache Antworten und Rezepte gibt es leider nicht. Daher kann dieser Blogpost auch nur Bewusstsein schaffen. Deine persönlichen Reiseentscheidungen musst du selbst treffen und die faire und nachhaltige Entscheidung in einem Land ist nicht unbedingt dieselbe in einem anderen.

Edith Hechtberger

Auch wenn ich ursprünglich aus Niederösterreich bin, fühle ich mich eigentlich an meinem Wohn- und Studienort Wien zuhause. Neben meinem Psychologiestudium engagiere ich mich für Umweltschutz, sportel und lese gerne oder bin auf der Suche nach neuen kreativen Ideen, die ich umsetzen kann.

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