Mein Navi für den Lebensweg
Katharina liebt es, in einer Kaffeebar zu sitzen und bei einem leckeren Cappuccino über Gott und die Welt zu philosophieren. So kam die Idee zur entscheidBAR, einer Kolumne mit dem Ziel, bei einer Tasse Kaffee eine gute Entscheidung zu treffen. In der zweiten Episode geht es um ein Navi für gelingende Lebensentscheidungen.
Herzlich Willkommen in meiner entscheidBAR!
„Glaub mir, Dein Text kommt genau zur rechten Zeit. Denn bei mir geht es jetzt mit der Planung der Entscheidungsfindung für mein Leben nach dem Studium los.“ Das schrieb mir ein Leser auf meinen letzten Blog aus der entscheidBAR.
Mitten im Studium hatte er vor vier Jahren das Angebot bekommen, für eine Promotion in die USA zu gehen. Damals war die Entscheidung einfach. Es gab entweder den Master in Deutschland oder die Promotion in Kentucky. Auf der Plus-Minus-Liste war Kentucky in den meisten Punkten klarer Gewinner. Hinzu kam dieser eine Moment, in dem er einfach wusste, was die richtige Wahl ist. „In gewisser Weise habe ich noch das Wunschdenken, dass mir nochmal so etwas in der Art widerfährt. Dass die Entscheidung plötzlich ganz klar und eindeutig wird.“
Die Frage, die jetzt bei dem Leser ansteht, ist weniger, ob eine Rückkehr nach Deutschland eine Option wäre. Vielmehr geht es um die Entscheidung: Forschung oder Industrie? – Eine Wahl, die viele am Ende ihres Studiums treffen müssen, egal ob in Amerika oder Europa.
Also, Kaffeemaschine an und los geht’s an der entscheidBAR.
[Falls Du – was ich mir kaum vorstellen kann – keinen Kaffee magst, nimm einen leckeren Tee, einen Saft oder einfach ein Glas Wasser.]
Ignatius von Loyola erfand, um gute Entscheidungen zu treffen, das Format der Exerzitien. Er sagt, es ist zum einen wichtig, sich aus dem Alltag zurückzuziehen, und zum anderen, mehrere gleichwertige Wahlmöglichkeiten zu haben.
Welche gleichwertigen Varianten gibt es also im konkreten Beispiel?
- Option 1: Eine Post-doc-Position an irgendeiner amerikanischen Universität im bisherigen Forschungsgebiet, das durchaus Freude bereitet und im Moment spannende Entwicklungen aufzeigt. Der Vorteil dieses Weges wäre, dass erste Gespräche gute Stellenchancen versprechen. Es geht also um eine Professur. Das klingt spontan reizvoll, aber auch auf Dauer?
- Option 2: Eine Position in der Industrie wäre langfristig wohl spannender. Aber es fehlt aktuell das Netzwerk, welches eine Eintrittskarte sein könnte. Eine Initiativbewerbung – auch in anderen Ländern – wäre daher der einzige mögliche Weg. Zudem ist hier das Problem mit dem Visum noch zu lösen. Die Green-Card-Lotterie war leider erfolglos.
Die heutige Entscheidungsfrage lautet also:
Die leicht realisierbare Zukunftsoption „Unikarriere“ wählen oder die riskantere „Industrielaufbahn“, die langfristig mehr Zufriedenheit verspricht, anstreben?
Das ist echt keine leichte Frage. Sicher, die Entscheidung ist nicht in Stein gemeißelt. Und Umwege erhöhen bekanntlich die Ortskenntnis. Also nicht so schlimm, wenn es auch erstmal der falsche Weg wäre. Dennoch, niemand steigt in ein Auto und sagt, ich fahre mal los, egal wo ich ankomme. Ich zumindest will Entscheidungen treffen, die auch ans richtige Ziel führen. Fürs Auto nutze ich dazu ein Navi.
Das Navi für Lebensweg-Entscheidungen kann die 10-1-10-Technik sein
Wenn Du magst, halte die jeweiligen Vorstellungen fest: in Stichworten, einem ausführlichen Text, einem Brief oder einer Zeichnung. Aber achte darauf, dass Du im Präsens schreibst oder eine Momentaufnahme bildlich festhältst. Beschreibe deine erfüllte Zukunft, wie Du sie in einem besonders glücklichen Augenblick Deines künftigen Lebens erfährst.
Vielleicht merkst Du so, dass Deine Entscheidung, die jetzt ansteht, für Dein glückliches Leben in 10 Jahren gar nicht relevant ist. Oder Dir ist plötzlich klar, welche Option in Frage kommt. Möglichweise ist aber auch gar nichts klar. Auch das macht nichts. Setze Dich nicht unter Druck. Lasse die Bilder ein paar Tage nachwirken und achte auf die Bedürfnisse, die in ihnen deutlich werden: Wer plötzlich wahrnimmt, dass ihm Familie oder eine intensive Freizeitgestaltung wichtig ist, wird wohl nicht als Manager in einer 60-Stundenwoche glücklich werden. Wer sich ausschließlich in der Natur sieht, sollte über das Angebot eines reinen Schreibtisch-Jobs gut nachdenken.
Meine Tasse Kaffee ist leer. Zeit, ein Fazit zu ziehen:
Es gibt nicht die perfekte Entscheidung für den Weg nach dem Studium, die für alle gleich ist. Jeder muss seine Wahl treffen. Gut ist es, mehrere wirklich gleichwertige Alternativen zu haben. Beim Herausfinden, was für die eigene Entscheidung wichtig ist, kann die 10-1-10-Methode helfen.
Deshalb mein Tipp aus der entscheidBAR:
Hab keine Angst, die falsche Entscheidung zu treffen. Nur wer entscheidet und losgeht, kann auch ankommen. Sei also mutig und wage eine gedankliche Reise in Deine erfüllte Zukunft – in 10 Wochen, 1 Jahr und 10 Jahren.
Deine Katharina