Kinder im Kindergarten spielen ja eh nur
Ich mache zurzeit eine Ausbildung zur Elementarpädagogin. Wenn ich anderen davon erzähle, werde ich oft belächelt oder mir wird erklärt, dass mein zukünftiger Job „ur chillig“ wäre. Da ich selbst diese Ausbildung mache, somit weiß, wie hart dieser Beruf ist, und wie wenig er von der Gesellschaft respektiert und geschätzt wird, möchte ich diesen folgenden Blog all jenen widmen, die denken der Job als Elementarpädagoge/in sei easy.
Ich verstehe, dass Menschen, die Kinder an einem Tisch basteln sehen, oft denken, dass diese ‚nur‘ malen oder basteln. Doch da steckt eigentlich viel mehr dahinter. Sie erkennen oft nicht, dass Kinder durch Malen oder Basteln viel (er)lernen können. Ich möchte euch nun bewusst machen, dass viel mehr hinter so kleinen Dingen steckt und, dass man Aufgaben mit Kindern nicht als einfach abstempeln soll. Manche Leute, die keine Ausbildung im Bereich der Pädagogik gemacht haben, wissen oft nicht, wie viel hinter scheinbar simplen Aufgaben und Methoden steckt.
Was man alles lernt im Kindergarten
„Kinder im Kindergarten spielen ja eh nur.“, „Die sitzen den ganzen Tag herum und basteln.“ - so lauten verallgemeinerte Vorurteile über den Kindergarten. An diesen Aussagen ist prinzipiell nichts falsch, außer dem Unwissen, dass die Kinder durch das Spielen vieles lernen. Es werden soziale Kompetenzen, wie z. Bsp.: das Spielen miteinander, Frustrationstoleranz, Rücksichtnahme gegenüber anderen Personen und das Achten aufeinander geschult. Durch das Singen trainieren die Kinder ihr Rhythmusgefühl, ihre Artikulationstechnik und lernen ihren Tonumfang kennen. Beim Basteln schulen die Kinder ihre fein- und grobmotorischen Fähigkeiten, den Pinzettengriff, die richtige Stifthaltung und vieles mehr. Kinder erkennen mathematische Zusammenhänge schon im frühen Alter und lernen Bräuche, Kulturen und Feste kennen.
Kinder erlernen im Kindergarten Grundkompetenzen, Fähigkeiten und Fertigkeiten, auf denen sie in der Schule aufbauen können und, welche sie bis ans Ende ihres Lebens benötigen. Es gäbe noch so viel mehr, was Kinder lernen. Doch das alles aufzuzählen würde den Rahmen sprengen.
Verantwortung für eine ganze Kinderschar
Ein weiterer Punkt, der meiner Meinung nach falsch umgesetzt wird, ist der Betreuungsschlüssel. Hast du schon einmal auf ein Kind aufgepasst? Wie viele Stunden hast du es geschafft und wie ist es dir dabei gegangen? Im Kindergarten ist meistens ein/e Pädagoge/in mit 25 Kindern und einem/r Assistent/in alleine. Wenn du beim Babysitten mit nur einem Kind überfordert warst, wie glaubst du geht es den Pädagogen/innen? Oft sind diese sogar ganz alleine in der Gruppe, da sich der/die Assistent/in auch um Reinigungsarbeiten und Essensvorbereitungen kümmern muss. Also kannst du dir sicher gut vorstellen, dass eine Person alleine mit 25 Kindern sehr viel zu tun hat und sicher nichts gegen eine zusätzliche Fachkraft einzuwenden hätte.
Superpower: Augen und Ohren überall
Eines der wichtigsten Dinge in diesem Beruf ist es, den Überblick zu bewahren. Die Pädagogen/innen müssen ihre Augen und Ohren auf hunderte Dinge gleichzeitig richten. Hier eine Beschreibung einer typischen Szene in der Garderobe: 25 kleine Menschen versuchen sich anzuziehen. Zwei Kinder brauchen Hilfe beim Schuhe Anziehen, drei Kinder fangen an zu streiten, weil eines dem anderen die Haube weggenommen hat, ein Kind weint, ein anderes zieht die Schuhe verkehrt rum an, ein anderes klettert auf das Garderobenregal und wieder ein anderes kommt und zupft an meinem T-Shirt, damit ich helfe den Zippverschluss der Jacke zuzumachen - und das alles passiert zeitgleich.
Hoffentlich kann diese alltägliche Szene eine Vorstellung liefern, wie dieser Job an den Nerven zerren kann und das Chaos oft kein Ende zu nehmen scheint. Deshalb braucht man als Pädagoge/in viel Geduld und Ruhe, um auf all diese Dinge, die gleichzeitig auf einem einprasseln, liebevoll zu reagieren.
Werschätzung für meinen Beruf: Erziehung der nächsten Generation
Und all diese stressigen, haarsträubenden Situationen sehen und kennen viele Menschen nicht. Deshalb denken sie, dass es „eh ur chillig“ ist, den ganzen Tag mit den Kindern zu spielen. Ich wünsche mir, dass Menschen anfangen, diesen Beruf als wertvoll zu sehen und ihn mehr schätzen. Außerdem wünsche ich mir, dass dieser Beruf nicht länger mit einem Lächeln abgetan wird, sondern, dass man Bewunderung für die Menschen empfindet, die freiwillig diesen harten Job machen und die Erziehung der nächsten Generationen übernehmen.
Wir können viel von Kindern lernen
Du fragst dich jetzt vielleicht wieso viele andere und auch ich diese Ausbildung machen, obwohl so manche Situationen uns an unsere Grenzen bringen?
Ein Grund dafür ist, dass ich die ehrliche Art, die Kinder noch haben, liebe. Ich liebe es, wenn Kinder freiheraus Dinge sagen, die für uns Erwachsene vielleicht keinen Sinn machen oder wenn sie philosophisch Fragen stellen, wie: „Kann man mit Schwimmflügel eigentlich fliegen?“
Wenn Kinder etwas lustig finden, lachen sie, wenn sie beleidigt oder traurig sind, dann zeigen sie es ohne Zurückhaltung. Kinder sind laut, authentisch, sprechen aus, was sie denken, sind kreativ, haben originelle Einfälle und grenzenlose Träume. Als Pädagoge/in sieht man all diese Dinge, die Talente und die Potenziale, die in jedem Kind schlummern und versucht diese bestmöglich zu fördern.