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Abenteuer Leben. Studium. Beruf. © Sarah Staber & Stephanie Briegl / MEINPLAN.at

Ich bin mehr als meine Leistung

Über die Freiheit, versagen zu dürfen, schreibt Franziska in ihrem neuen Blog und hält ein Plaidoyer dafür, dass nicht nur Leistung zählt im Leben und in der Ausbildung. Anstatt Leistungen gleich zu bewerten, möchte sie hin zu einer Haltung des Wohlwollens, des Bemühens und der Wertschätzung.

Ich sitze in der Schule und wir bekommen unsere Schularbeiten zurück. Die Professorin teilt die Schularbeiten aus und bespricht die Ergebnisse einzeln mit den Schülern/innen. Die Spannung wird immer größer und die Angst, es nicht geschafft zu haben, auch. Als ich endlich an die Reihe komme, sagt meine Professorin zu mir: „Naja, von dir habe ich mir mehr erwartet. Denkst du nicht auch?“ und überreicht mir mein Heft. Ich nehme das Heft, blätterte auf die richtige Seite und blicke auf die Note, die unter meinem gekritzelten Aufsatz steht. Genügend. Ich fühle ihren bohrenden Blick auf mir und sage: „Ja“, obwohl ich innerlich aufatme, nicht durchgefallen zu sein. Eigentlich war ich zufrieden mit meiner Note, sehr sogar. Ich war stolz auf mich, diese Prüfung ohne viel dafür zu lernen mit einer 4 geschafft zu haben. Doch die Worte meiner Professorin blieben in meinem Kopf hängen und erlaubten mir nicht, zufrieden zu sein mit dem, was ich geleistet hatte.

 

 
Wenn ich an diese Situation zurück denke werde ich richtig traurig. Ich finde es unpassend, dass meine damalige Professorin es so formuliert hat, als ob ihr meine Leistung nicht genügen würde. Es hätte sein können, dass ich einen wichtigen Menschen zu dieser Zeit verloren habe oder dass ich Probleme mit Freund/innen hatte und ich deswegen kaum zum Lernen gekommen bin oder meine Gedanken am Tag der Schularbeit einfach ganz wo anders waren. Doch sie war nur an meiner Leistung interessiert und fragte nicht einmal nach wie es mir ging oder warum meine Leistung nachgelassen hatte.
 
 

 

Oft wird viel zu schnell bewertet anstatt hinterfragt

Bewundern statt bewerten © pixabay / MEINPLAN.at
 

Bewundern statt bewerten © pixabay / MEINPLAN.at

 

In solchen Momenten frage ich mich oft, wieso wir Situationen immer bewerten müssen und sie nicht einfach sein lassen können. Schon Zeichnungen, die kleine Kinder malen, werden bewertet. Sätze wie, „Wow, das hast du ja schön gezeichnet.“, oder „Da hast du dir aber nicht so viel Mühe gegeben“. hört man nur allzu oft. Anstatt, dass man Kinder fragt, was sie gezeichnet haben oder, was sie über dieses Bild erzählen wollen, bewerten wir dieses. Es wird uns von klein auf beigebracht, dass Dinge nur sein dürfen, wenn sie auch schön sind, wenn wir sie auch gut genug gemacht haben. Kannst du dich noch erinnern, als du nach dem Kindergarten endlich in die Schule durftest und, wie sehr du dich darauf gefreut hast? In der Schule, auf die man sich eigentlich gefreut hat, wird man dann mit Aufgaben und Anforderungen überfallen und schon bald verliert man die Lust, Neues zu lernen und interessiert zu sein. Bekommt man auch noch schlechte Noten, beginnt Schule ein richtiges Hassobjekt zu werden.

 

wertschätzung für die unsichtbaren Bemühungen

Wir, die so privilegiert sind, eine Ausbildung machen zu können, fangen an, dieses Geschenk als anstrengend, nervig und unnötig zu empfinden. Es ist für Schüler/innen energieraubend, wegen seinen/ihren Leistungen kritisiert zu werden, immer nur Dinge lernen zu müssen, die man als sinnlos erachtet und sich zu bemühen, auch wenn es niemand sieht oder wertschätzt. Professoren/innen sehen nur, wie du dich im Unterricht gibst, was du sagst und, ob du etwas Gescheites zum Unterricht beiträgst. Aber sie sehen nicht, wie viel du lernst, wie viel Zeit du dir bei Hausaufgaben nimmst oder, wie viel Energie du in deine Ausbildung investierst.

 

Steh zu deinem Scheitern und fang einfach nochmal an

Aber nicht nur Vorgesetzte in Schulen, sondern auch unsere heutige Gesellschaft konzentriert sich oft nur auf Leistung und Ergebnisse. Wenn du dein Studium hinwirfst und in ein fremdes Land ziehst denken manche vielleicht, dass du ein/e Versager/in bist und vor Schwierigkeiten davonläufst. Wenn du mehrere Anläufe für den Führerschein brauchst, verheimlichst du das lieber, weil du dich dafür schämst. Bevor du eine Prüfung zum zweiten Mal machst und Angst hast, diese wieder nicht zu schaffen, erzählst du lieber niemanden davon. Wieso ist es uns so unangenehm zuzugeben etwas nicht geschafft zu haben? Wieso wollen wir „schlechte“ Dinge in unserem Leben vor anderen verheimlichen? Wieso fangen wir nicht an offen mit unseren Herausforderungen und Schwierigkeiten umzugehen und diese auch anderen zu erzählen?

 

 

Mein großer Wunsch
Ich wünsche mir, dass wir anfangen Unperfektes zu akzeptieren und uns nicht über unsere Leistung zu definieren. Ich will die Freiheit haben, versagen, weinen, schlechte Noten schreiben, durchzufallen, und Fehler machen zu dürfen, ich möchte einfach daraus zu lernen und dazu stehen dürfen. Denn woraus, wenn nicht aus Fehlern sollte man sonst lernen? Selbst Einstein war schlecht in der Schule und war trotzdem einer der klügsten Menschen zu seiner Zeit. Also lass dich nicht von schlechten Noten oder einer negativen Prüfung unterkriegen. Dein Versagen darf sein, genauso wie dein Erfolg. Du musst durch Tiefen gehen um den nächsten Berg zu erklimmen.

 
 
Franziska Frank

Ich heiße Franzi, komme ursprünglich aus dem schönen Niederösterreich und mache derzeit eine Ausbildung zur Elementarpädagogin in Wien. Zu meinen größten Leidenschaften zählen Kaffee, Pommes, Wein, Abenteuer und Jesus. Wenn ich nicht gerade lerne, treffe ich mich gerne mit Freunden, genieße mein Leben oder lese verschiedenste Bücher.

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