Goldige Ausbildung: Mein Weg zum Goldschmied
Nach der Matura hat sich Marie-Therese statt eines Studiums für eine Ausbildung zum Goldschmied entschieden. Über den Mut, eigenständige Entscheidungen zu treffen und eine ungewöhnliche Ausbildung - ein Porträt in unserer Serie über junge Berufswege.
Heute weiß Marie-Therese nicht mehr, wie sie auf die Idee gekommen ist, Goldschmied zu werden. Sie hat gern aus den Spielzeugen in den Überraschungseiern etwas gebastelt oder aus Perlen und Drähten Ohrringe gemacht. Ende der siebten Klasse hat sie entschieden, dieses Hobby als Goldschmied zum Beruf zu machen.
„Ich hab gar nicht gewusst, was ich werden soll. Dann hab ich mal begonnen, die Studiengänge in Österreich durchzuschauen und bin nach dem Ausschlussverfahren vorgegangen“, erzählt Marie-Therese. Am Ende hat sie sich gegen ein Studium und für eine praktische Berufsausbildung entschieden.
Die 22-Jährige ist der erste Goldschmied in ihrer Familie und ihrem Umkreis. Goldschmied ist einer von rund 200 Lehrberufen in Österreich. Um nicht nach der Matura wieder in die Berufsschule gehen zu müssen, hat sich Marie-Therese nach Alternativen zur Lehre umgesehen.
So hat sie eine zweijährige Ausbildung in Wien gefunden, wo sie in Theorie und Praxis von Goldschmiedemeistern unterrichtet worden ist. Nach jeweils einem Monat Praxisstunden pro Semester und den Semesterabschlussprüfungen stand am Ende des vierten Semesters die Lehrgangsabschlussprüfung am Plan.
Anstellung vor der Selbstständigkeit
Heute möchte Marie-Therese am liebsten in einer Goldschmiede-Werkstatt angestellt werden, um Erfahrungen zu sammeln, bevor sie sich selbstständig macht und ihre eigene Werkstatt aufbaut. „Zum Selbstständigmachen fühle ich mich noch zu jung. Da gehört viel Papierkram dazu.“
Während sie eine solche Anstellung sucht – in Wien sind die Anstellungen für Goldschmiede rar – arbeitet sie im Kunsthandel, wo sie mit ihren Kenntnissen über Steine und Schmuckstücke die Kunden beraten kann. Nebenbei schmiedet Marie-Therese Werke auf Auftrag. „Ich kann mich jederzeit in meiner Freizeit in die Werkstatt setzen und alles ausprobieren. Freunde und Verwandte bringen mir Reparaturaufträge oder haben Auftragsarbeiten für mich.“
Spezialisieren möchte sie sich auf das Fassen von Edelsteinen in Ringe, Ohrringe oder Halsketten. Denn Marie-Therese hat zusätzlich eine Gemmologie-Ausbildung absolviert, ist also Fachfrau in Edelstein- und Diamantenkunde. Ist dafür eigentlich Kreavität das Wichtigste? „Kreativität ist schon auch wichtig, aber am wichtigsten ist der Mut, sich etwas zu trauen.“
Entscheide für dich selbst
Mit der Ausbildung zum Goldschmied hat Marie-Therese einen ungewöhnlichen Berufsweg eingeschlagen. Hätte sie gern mit 15 Jahren mit der Lehre dazu begonnen? „Damals bin ich noch nicht auf die Idee gekommen. Ich hab überlegt, etwas mit Schneiderei oder Textilien zu machen.“ Die Entscheidung ist dann doch auf die Matura gefallen – mit dem Wissen, den Beruf nachher lernen zu können.
Marie-Thereses Rat an ihr jüngeres Ich: „Nicht stressen lassen von dem, was andere sagen. Nicht beeinflussen lassen von dem, was andere vorhaben zu machen. Entscheide für dich selbst! Wenn es das Falsche ist, kannst du etwas anderes probieren.“ Und: „Dranbleiben an dem, was ich angefangen habe.“ Auch wenn’s zwischendurch mal langweilig wird - das gehört zu jedem Alltag dazu.