AAA
Abenteuer Leben. Studium. Beruf. © Sarah Staber & Stephanie Briegl / MEINPLAN.at

Einmal wieder Kind sein dürfen

Marlen erlebt bei ihrem Freiwilligeneinsatz in Peru eine Welt, in der Kinder als große kleine Persönlichkeiten schon früh erwachsen sein müssen. Ihre Arbeit in der Sozialeinrichtung macht einen Unterschied.

Marlen hat letztes Jahr in der Steiermark ihre Matura gemacht. Seit August lebt sie als Jesuit Volunteer in Piura, einer Wüstenstadt im Norden Perus, die rund 500.000 Einwohner zählt und unterstützt eine Sozialeinrichtung gegen Kinderarbeit. Das Programm Jesuit Volunteers ist Teil von ausserordentlich, der AG der internationalen Freiwilligendienste der Ordensgemeinschaften Österreichs.

 

Nach eineinhalb Stunden Fahrt über eine staubige Schotterpiste sind wir da. Angekommen in La Tortuga (Die Schildkröte), einem kleinen Fischerort an der Nordküste Perus. Viele Fremde verirren sich nicht hierher, der Ort liegt abgelegen und Schönes gibt es auf den ersten Blick wenig zu sehen. So ging es mir zumindest, als ich das erste Mal nach La Tortuga kam.

 

Freiwilligeneinsatz in Peru © ausserordentlich/MEINPLAN.at
 

Marlen mit großen kleinen Persönlichkeiten © Marlen Weingartmann/ausserordentlich

 

Schaut man aber genauer hin, findet man nicht nur wunderschöne Strände, sondern auch berührende Geschichten und beeindruckende, große kleine Persönlichkeiten.

 

Wieder Kind sein dürfen

Seit nun schon acht Monaten, die so unglaublich schnell vergangen sind, lebe und arbeite ich in Piura. Dort arbeite ich in einer Einrichtung der Jesuiten names CANAT - Centro de apoyo para niños/niñas y adolescentes trabajadores. Übersetzt bedeutet das so viel wie Hilfszentrum für arbeitende Kinder und Jugendliche.

 

CANAT setzt sich für Rechte arbeitender Kinder und Jugendlicher ein und kämpft gegen Kinderarbeit, die in Piura und in ganz Peru leider sehr verbreitet ist. In CANAT arbeite ich in sogenannten Ludotecas, also Spielräumen. Mit den Ludotecas wird ein Ort geschaffen, an demKinder wieder Kind sein dürfen. Ein Ort zum Spielen, Singen, Tanzen, Basteln, Lachen.

 

Von diesen Kindern möchte ich euch heute aber nicht erzählen, sondern von Kindern eines ganz besonderen Ortes, den Kindern von La Tortuga.

 

La Tortuga – über Dorfpolitik, klare Rollenverteilungen und Ceviche

Denn die Kinder von La Tortuga sind anders. Fast jeden Samstag machen wir uns auf in den Fischerort, um die Kinder abzuholen und mit ihnen zum Strand zu gehen und zu spielen. Denn Zeit zum Spielen haben die Kinder kaum und das merkt man.

 

Spricht man mit ihnen, könnte man auch denken, man spreche mit Erwachsenen. So steht beim zehnjährigen Tomit beispielsweise die örtliche Politik zum Gespräch.

 

 
Viel zu schnell müssen die Kinder erwachsen werden und mitarbeiten.
 
 

Ist man ein Junge, dann bedeutet das, mit dem Vater mit aufs Meer zu fahren, um zu fischen, denn so gut wie jeder im Ort lebt vom Fischfang. Ist man ein Mädchen, bedeutet es, die Wäsche zu waschen, zu kochen, zu putzen und sich um die jüngeren Geschwister zu kümmern. Von Gleichberechtigung keine Spur, die Rollen sind klar definiert.

 

So gibt es im Ort, der kein fließendes Wasser besitzt, drei Fußballfelder für Männer, denn die Politik, und somit auch die Entscheidung, was im Ort gebaut wird und was nicht und von wem es benutzt werden darf, ist Männersache.

 

Ein paar Stunden spielen dürfen

Um die Kinder für ein paar Stunden aus dieser Erwachsenenwelt zu holen, nehmen wir sie mit zum Strand, um mit ihnen zu spielen. Und immer wieder sind sie begeistert vom Strand, denn auch wenn sie nur ein paar Meter davon entfernt wohnen, verbringen sie kaum Zeit dort.

 

Am Strand einfach Kind sein dürfen © Marlen Weingartmann/ausserordentlich
 

Am Strand einfach Kind sein dürfen. © Marlen Weingartmann/ausserordentlich

 

Meistens steht Muschelsammeln am Programm, danach wird gebadet und wenn gerade Fischer am Strand sind, die uns etwas von ihrem Fang abgeben, wird von den älteren Mädels mit ein paar gekonnten Handgriffen der Fisch zerlegt und ruck-zuck zu einem Ceviche zubereitet.

 

Solange der Fisch nicht bis zur letzten Gräte abgenagt ist, interessiert sich von den Kindern auch keiner für mitgebrachte Süßigkeiten, denn das Lieblingsessen von wirklich jedem Kind ist Fisch. Der steht auch definitiv über Schokolade.

 

Satt und müde vom Spielen machen wir uns dann wieder auf den Weg zurück und verlassen diesen besonderen Ort. Hinter seiner Fassade, die auf den ersten Blick hässlich ist, steckt viel mehr, als man erwartet.

 

Wichtigste Voraussetzung für künftige MaZ ist die Teilnahme am gesamten Vorbereitungsprogramm, das sich über 6 Monate verteilt. Dazu braucht es die Bereitschaft zur eigenverantworteten persönlichen Vorbereitung, wie das Erlernen der jeweiligen Landessprache, Beschäftigung mit dem Einsatzland, medizinische Vorsorge, ...

 

Mehr über den internationalen Freiwilligeneinsatz bei ausserordentlich

Marlen Weingartmann

Ich habe vergangenes Jahr in der Steiermark meine Matura gemacht. Seit August lebe ich als Jesuit Volunteer in Piura, einer Wüstenstadt im Norden Perus und unterstütze eine Sozialeinrichtung gegen Kinderarbeit.

Ähnliche Beiträge
Abschied von Oslo: Die schönsten Erinnerungen ans Volontariat
Weiterlesen
Neue Perspektiven dank Auslandsjahr in Indonesien
Weiterlesen
Mein Freiwilligeneinsatz in Tansania: Erfahrungen fürs Leben
Weiterlesen
Heimweh: Zuhause ist kein Ort, sondern ein Gefühl
Weiterlesen
Zurück zur Übersicht
Blog kommentieren
Blog teilen