Die Macht der kleinen Dinge - 24 Tage lang Unbekannte zum Lachen bringen
Was Sascha dabei erlebt hat und wie es ihm dabei gegangen ist. Inkl. ein paar Blitzlichter der geplanten und ungeplanten Lach-Momente. Mit einer großen Nachmach-Empfehlung für den Endspurt der Fastenzeit!
Wien, weltbekannt für Sachertorte, Neujahrskonzert und die „Grantler“ (schlecht gelaunte Einwohner der österreichischen Bundeshauptstadt). Der perfekte Ort für einen Selbstversuch mit der Aufgabe, Menschen zum Lachen zu bringen.
24 Tage lang unbekannte zu lachen bringen
Halb 8 am Abend. Es ist bereits dunkel und ein leichter Nieselregen hält den dritten Bezirk in seiner sanften Umklammerung gefangen. Trotzdem sitzt da ein einfacher Straßenmusiker mit seiner Gitarre und spielt unbekümmert seine Lieder. Ich beobachte die Menschen, die an ihm vorbeiziehen. Sie haben ihre Jacken und Mäntel tief in ihre finsteren Gesichter gezogen. Doch plötzlich als sie die Musik hören, zaubert sich ein kleines Funkeln in ihre Augen und ein kleines Lächeln auf ihre Lippen.
Doch nochmals zurück zum Anfang. Für meinen Selbstversuch möchte ich in der Adventszeit, also 24 Tage, jeden Tag eine unbekannte Person zum Lachen oder Lächeln bringen.
Die ersten Tage vergehen wie im Flug und eher zufällig bringe ich die Menschen in meiner Umgebung zum Lachen. Ein Witz hier, ein Kompliment da, eine nette Geste. Da ich aber gewisse Tendenzen eines Kontrollfreaks aufweise, geht mir diese Zufälligkeit gegen den Strich. Ich plane meine Unbekannte-Zum-Lächeln-Bringen-Aktionen für die nächsten Tage, so voraus, dass selbst … auf mich Stolz wäre.
Kleine Taten mit großer Wirkung
Und dann treffe ich Petar. Während ich beobachte, wie sich der Wiener Grant (der prinzipiell wetterunabhängig ist) durch die lieblichen Klänge von Hotel California, in sanftes Lächeln verwandelt, beginne ich zu verstehen, worum es in meiner Challenge wirklich geht. Es sind die kleinen Taten, die kleinen Dinge, die die Menschen zum Lachen bringen. Ich beginne mit ihm zu plaudern. Petar kommt aus der Slowakei und reist durch Österreich um Musik zu machen. Ein gemeinsamer Singversuch scheitert an der Sprachbarriere und meinem, durch Youtube aufgebrauchten, fehlenden Internet und der daraus resultierenden Textschwäche. Schade Marmelade.
Durch die Begegnung mit Petar ist etwas in mir zerbrochen. Meine ganzen Pläne?! Alles für die Katz. Wobei nicht ganz. Ich verspüre eine tiefe Freiheit. Denn ich kann, muss aber keine großen Heldentaten oder ein einmaliges Kabarett ablegen, um jemanden den Tag ein klein wenig zu versüßen.
Wer zuerst lacht
Einmal helfe ich einer überforderten Asiatin mit ihrem Koffer am Busbahnhof Erdberg. Ein anderes Mal schenke ich zwei Obdachlosen auf der Wiener Mariahilfer Straße ein Hygienepaket.
Am letzten Freitag vor Weihnachten setze ich mich mit zwei Sesseln vor ein Einkaufszentrum und veranstalte den Flachwitz-Friday – gegenseitiges Witze erzählen bis einer lacht. Mein Favorit:
Was ist grau und kann nicht fliegen? Eine zu fette Taube. Da es minus 5° hatte, beende ich den Flachwitz-Friday nach einer halben Stunde, einer Gruppe von drei Mädchen und verschiebe ihn auf wärmere Tage.
Weihnachten im Altersheim
Am 24. und letzten Tag, Heilig Abend, erwache ich etwas gespannt. Was nun kommt, liegt mir eigentlich schon länger am Herzen. Der Abschluss der Challenge bietet dafür einen würdigen Rahmen. Bewaffnet mit einer Gitarre, zwei Brüdern und drei Weihnachtsliedern geht es ins Altersheim. Wir besuchen sechs verschiedene Wohneinheiten, singen mit den Bewohnern Lieder, plaudern mit ihnen, schenken ihnen unsere Aufmerksamkeit und unsere Zeit. Sie lassen uns wissen, für uns ist es vielleicht eine Kleinigkeit, für sie die Welt. Weihnachten ist längst vorbei, grantige Wiener wird es immer geben. Mein Logbuch der kleinen Taten wird also eine Fortsetzung finden.
Ein Auszug aus dem Logbuch der kleinen Taten
- Tag 2: Einem jungen Mann ein Kompliment für seinen Pullover gemacht.
- Tag 3: Mann an der Supermarktkasse vorgelassen, obwohl er viel mehr hatte als ich. Er hat sich sogar nochmal bedankt.
- Tag 6: Wie ein LKW mit Piepsgeräuschen rückwärts aus der übervollen U-Bahn „rausgeschoben“ - Frau gelacht.
- Tag 7: Beim Einsteigen in den Zug bei fremder Person verabschiedet.
- Tag 8: Einer überforderten Asiatin den Koffer getragen.
- Tag 9: In der U-Bahn einem Typen Kompliment für seinen Style gemacht.
- Tag 10: Traurig aussehende Dame gefragt, ob es ihr gut geht.
- Tag 13: Zwei Obdachlosen ein Hygienepaket geschenkt.
- Tag 16: Kleinem Jungen einen Fistbump gegeben.
- Tag 20: Jemanden gefragt, was ihn glücklich macht.
- Tag 21: Flachwitz Friday - Leuten auf der Straße Flachwitze erzählt.
- Tag 24: Mit meinen Brüdern im Altersheim Weihnachtslieder gesungen
Dieser Artikel ist zuerst in der aktuellen Ausgabe des Melchior Magazins erschienen. Der Selbstversuch ist im Rahmen der aktuellen Ausgabe des Melchior Magazins entstanden.