„Es ist wie die Gelben Seiten für alle, die helfen wollen oder Hilfe brauchen.“
Was in 10 Tagen Zimmer-Quarantäne alles entstehen kann, erzählt uns Charlotte in einem spannenden Telefoninterview: zu viert starten die jungen Erwachsenen die Plattform "Hilferegister", die Hilfs-Willige sowie Hilfs-Bedürftige auf die verschiedensten Initiativen und Projekte aufmerksam macht.
ZImmerquarantäne
Alles begann vor ziemlich genau 8 Wochen. Charlotte ist in ihrer vorlesungsfreien Zeit gerade bei ihrer Familie in Berlin, als sie mit einem positiven Corona-Test eine Zimmerquarantäne verordnet bekommt. Gott sei Dank mit einem ganz leichten Verlauf, sodass sie bereits nach ein paar Tagen wieder ganz die Alte war - voller Ideen und Tatendrang. Da jedoch der offizielle Bescheid über ihre Genesung auf sich warten ließ, hatte Charlotte Zeit, sehr viel Zeit. Denn mittlerweile war sie wieder pumperlgesund, saß in ihrem Zimmer und bekam von ihrem Familienmitgliedern 3x am Tag ein Tablett mit Essen vor die Zimmertüre gestellt, ansonsten gab es nicht viel, was ihren Tag abwechselte.
Ein Anruf verändert die Lage
Auch Thilo war gerade in Quarantäne und hatte von einem Studienkollegen aus Malaysia von einem spannenden Projekt gehört: eine Plattform, die die unterschiedlichsten Initiativen und Projekte auflistet und sowohl Hilfsbedürftigen, als auch Hilfsbereiten als Nachschlagewerk zur Verfügung steht. Ob dieses Projekt auch in Deutschland umsetzbar sei, wollte Thilo von Charlotte wissen, und ein Telefonanruf später, war Charlotte von der Idee nicht nur begeistert, sondern mit zwei weiteren jungen Erwachsenen an Board für das Projekt „Hilferegister“, wie sie es nun im deutschsprachigen Raum nannten.
Start from Scratch
Zwar wurden dem Hilferegister die Ressourcen aus Malaysia zur Verfügung gestellt, aber nach der Evaluierung war klar, dass es in Deutschland andere Erfordernisse gibt und so bauten Charlotte und ihre Freunde die Plattform von der Pieke auf neu. Klingt aufwendig, ist es auch, aber nachdem drei der vier klugen Köpfe hinter dem Projekt zu dieser Zeit in Quarantäne waren, war Zeit das geringste Problem und es wurde Tag und Nacht daran gearbeitet.
Wie die gelben Seiten
Während der Corona-Zeit sind Projekte und Hilfsangebote noch und nöcher entstanden und ziemlich schnell war klar, dass Otto Normalverbraucher hier keinen Überblick mehr haben konnte, was es denn für Angebote gibt. Also war das Ziel des Hilferegisters schnell klar: sämtliche Initiativen, Projekte, Angebote und Ideen werden aufgelistet und über die Plattform wird ein Kontakt zu den jeweiligen Verantwortlichen hergestellt.
„Es ist wie die Gelben Seiten für alle, die Hilfe benötigen, oder Helfen möchten. Man wird über die Plattform direkt zu den Projekten weitergeleitet und kann dort konkret anfragen.“ Charlotte
Mit einer Standortsuche kann man sich personalisierte Ergebnisse anzeigen lassen, ohne sich vorher registrieren zu müssen. Auch neue Initiativen können über die Plattform gemeldet und eingetragen werden, die das Team dann moderiert und freischaltet.
Wachsendes Team
10 Tage Zimmerquarantäne später war die Vorarbeit erledigt und das Hilferegister konnte mit den ersten 600 Angeboten online gehen. Inzwischen waren Charlotte und ihre Freunde genesen und aus der Quarantäne entlassen, das Team hatte sich von ursprünglich 4 Personen auf 17 erweitert. Die aus unterschiedlichen universitären und beruflichen Kontexten stammenden jungen Erwachsenen bringen alle ihre jeweilige Expertise ein und tragen so zum Gelingen des Projekts bei. Inzwischen fällt die Arbeit für das Projekt hauptsächlich in der Nacht an, denn tagsüber gehen sie jetzt alle wieder ihren Studien und Jobs nach.
Dream Big
Doch damit nicht genug, es gab große Pläne: aus unterschiedlichen Ländern mehren sich die Anfragen, dieses Konzept auch in ihre jeweiligen Kontexte zu übernehmen. So wurde das Hilferegister mittlerweile auf Österreich ausgeweitet und ist mit knapp 1000 gelisteten Initiativen im deutschsprachigen Raum die Anlaufstelle für alle, die nach Projekten und Initiativen suchen. Weitere Länder, von Rumänien bis Nepal, haben ihr Interesse angemeldet und so werden bald weitere nationale Hilferegister entstehen. Aufgrund der sprachlichen Barriere jedoch nicht unter der Domain „Hilferegister“.
Kooperation statt Konkurrenz
Doch auch in Deutschland mehren sich ähnliche Ideen und vergleichbare Plattformen. Dem Team vom Hilferegister ist es wichtig, hier in alle Richtungen Kooperationsbereitschaft zu signalisieren und zu leben: zusammen bringen wir mehr weiter und so stellen sie Interessierten den Code zur Verfügung, denken über gemeinsame Datenbanken nach und freuen sich über die vielfältigen Möglichkeiten der Zusammenarbeit. So viele haben in diesen Tagen den Wunsch zu helfen und sich einzubringen. All das soll über das Hilferegister möglich sein.
Der Erfolg spricht für sich
Inzwischen hat das innovative Projekt Furore gemacht und hat gleich zwei Preise gewonnen: Den 2. Platz beim EU-Hackaton in ihrer Kategorie und den "PwC Covid Help Award".
Ausblick
Was passiert nach Corona? Das wollte ich von Charlotte wissen, denn irgendwann kehren wir hoffentlich wieder zu einem ansatzweise normalen Alltag zurück und viele der Corona-Initiativen sind dann obsolet. Doch das Team hat die Plattform sehr vorausschauend aufgebaut. Mit unterschiedlichen Filtern, Tags und Markierungen können die „Corona-Projekte“ schnell herausgefiltert werden und als zentrale Anlaufstelle für sonstige Projekte bleibt das Hilferegister ja auch nach der Krise relevant.
Lernen fürs Leben
Zuletzt wollte ich von Charlotte noch wissen, was sie persönlich im Kontext dieses Projekts gelernt hat und wie sie daran gewachsen hat und sich hat weiterentwickeln können. Für sie war die Zusammenarbeit mit Menschen, die sie zum Großteil nicht kannte, sehr bereichernd und lehrreich. Dem stand sie ursprünglich kritisch gegenüber und auch von der Produktivität von Videokonferenzen war sie nicht überzeugt. Doch nach vielen Wochen des Planens und Arbeitens hat sie ihre Meinung geändert. In jedem Fall war das Projekt für sie in der Zeit der Quarantäne eine unglaubliches Geschenk: so konnte sie sich, während sie quietschfidel die Isolation absitzen musste, voll und ganz in ein Projekt stürzen und hatte dadurch eine Aufgabe und eine Tagesstruktur erhalten.